Von Standort- zu Marionettenstaaten – wie die Europäer Wohlstand und Demokratie verspielen

Es heißt, Deutschlands Produkte seien weltweit so sehr gefragt, weil sie durch Qualität und Preis bestechen. Das ist nur die halbe Wahrheit und noch dazu eine vorläufige. Denn das globale Wettrennen bringt die frühen Industrienationen mit ihren alternden Bevölkerungen in eine immer schwierigere Situation. In Schwellenländern wie China und Indien werden inzwischen gleich tüchtige, vor allem aber wesentlich mehr Ingenieure ausgebildet. Auch in der Hochtechnologie sind diese Staaten längst angekommen. Der „Weltkrieg um Wohlstand“, von dem Gabor Steingart sprach, ist auf Dauer für einen kleinen Staat wie Deutschland nicht zu gewinnen, vor allem deshalb nicht, weil diese Länder zu einem Bruchteil der Kosten produzieren. Die große Kapitalintensität vieler moderner Erzeugnisse nützt uns da wenig: Auch Ingenieure und das Bildungssystem kosten dort bedeutend weniger als bei uns.

Wenn Ökonomen und Politiker von Wettbewerbsfähigkeit sprechen, denken sie gewöhnlich an die weltweite Abstimmung der Konsumenten über Preise und Qualität. Es ist nicht unrichtig, hier von einem demokratischen Votum der Massen zu reden (auch wenn die Werbung dieses Votum stark manipuliert). Doch leider ist damit eben nur die halbe Wahrheit gesagt. Eine andere Abstimmung hat inzwischen mindestens die gleiche Bedeutung – und diese Abstimmung ist nicht demokratisch und sie fördert nirgendwo das Gemeinwohl. Bei dieser Abstimmung werden die Stimmzettel auch nicht von den Massen abgegeben, sondern von einer verschwindend kleinen, aber überaus mächtigen Minderheit, nämlich von jener ökonomisch und politisch weltweit führenden Schicht, die ich als „Internationale der Gläubiger“ bezeichne. Zu ihren wichtigsten Organen zählen neben dem IWF die großen Ratingagenturen.

Dieser Artikel wurde in aktualisierter Form in mein neues Buch aufgenommen:

EuroKalypse Now – Es gibt einen Weg aus der Krise!

Es wird Anfang September dieses Jahres (2012) im Metropolis Verlag erscheinen.