An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen!

Dieser Spruch aus dem Neuen Testament (Matthäus 7,16) konfrontiert Wirkung und Ursache. Eine schlechte Wirkung kann keine gute Ursache haben, und umgekehrt ist es genauso. Dornen tragen keine Trauben und auf Disteln finden wir keine Feigen. Auf schöne Worte und Theorien sollte man sich nicht verlassen. Was zählt, sind die Wirkungen, die daraus entstehen.

Ludwig Boltzmann, der große österreichische Physiker, hat diese elementare Wahrheit für die Naturwissenschaften auf den Begriff gebracht. „Nicht die Logik, nicht die Philosophie, nicht die Metaphysik entscheidet in letzter Instanz, ob etwas wahr oder falsch ist, sondern die Tat. Darum halte ich die Errungenschaften der Technik nicht für nebensächliche Abfälle der Naturwissenschaft, ich halte sie für logische Beweise. Hätten wir diese praktischen Errungenschaften nicht erzielt, so wüssten wir nicht, wie man schließen muss. Nur solche Schlüsse, welche praktischen Erfolg haben, sind richtig.“

Sehr wohl! Ein Denken ohne nachweisbare Tat,

das sämtliche Phänomene der Natur als ursächlich determiniert sehen wollte, hat es schon 1500 Jahre vor Christus gegeben, nämlich in den sogenannten Brahmana-Texten, wo alle Geschehnisse des Universums als magisch verknüpft mit menschlichem Denken und Handeln gelten. Was der vedische Priester sich vorstellte und dann durch Aufschichten von Opfersteinen und heiliger Butter magisch in Szene setzte, das brachte dann, wie die damaligen Priester glaubten, ganz bestimmte notwendige Folgen hervor. Die indischen Magier wähnten sich imstande, mit ihren Beschwörungen feindliche Armeen vernichten oder eine Mondfinsternis willkürlich herbeiführen zu können (abgesehen von Krankheiten, die sie heilen, und Unglück, das sie verhindern wollten). Von dem Indologen Hermann Oldenberg wurde die damalige Weltsicht als „vorwissenschaftliche Wissenschaft“ bezeichnet, der französische Anthropologe Claude Levi-Strauss sah darin eine Vorwegnahme des wissenschaftlichen Determinismus. Ludwig Boltzmann aber hat den entscheidenden Unterschied zwischen diesem Denken und der beinahe zweitausend Jahre später seit dem 17ten Jahrhundert aufkommenden wissenschaftlichen Weltsicht auf den Begriff gebracht. Das magische Denken richtete nur Unheil im Kopf von Priestern an, aber die Natur blieb unverändert. Feinde wurden von Priestern nie wirklich besiegt, Mondfinsternisse niemals auf nachweisbare Weise herbeigeführt. Irgendwann starb diese abenteuerliche Theorie, weil die Menschen nicht länger an sie glaubten. Sie musste sich sogar gefallen lassen, dass ein amerikanischer Anthropologe sie als sinnfreies „Priestergebrabbel“ bezeichnete. Es ist daher so, wie Boltzmann und die Bibel sagen: An der Tat, d.h. an ihren Früchten, sollt ihr sie erkennen.

Ludwig Boltzmann lebte bis zum Beginn

des vergangenen Jahrhunderts. Mit Recht konnte er von einem spektakulären Erfolg der Naturwissenschaften reden. Innerhalb von nur drei Jahrhunderten hatte dieser die Staaten Europas zu den bei weitem reichsten und mächtigsten der damaligen Zeit gemacht. Nie genoss eine Bevölkerungsmehrheit so großen materiellen Wohlstand wie schon zu seiner Zeit, nie zuvor lebten Menschen so lange und konnten sich so gut gegen Krankheiten schützen, wie dies der Fortschritt der Wissenschaften in kürzester Zeit bewirkte. Und er verschaffte Europa auch gewaltige Macht über den Rest der Welt. Bis 1914 beherrschte Großbritannien ein Viertel der gesamten Landfläche des Globus und errang im Jahr 1921 seine größte Ausdehnung. Insgesamt hatten die industriell aufgerüsteten Staaten eines geographisch winzigen westlichen Zipfels Eurasiens ganze Kontinente erobert (Nordamerika und Australien) und den Rest der Welt einschließlich der beiden Hochkulturen China und Indien ihrer Botmäßigkeit unterworfen. Niemand vermochte daran zu zweifeln, dass die neuen, mit hohem naturwissenschaftlichen Sachverstand entwickelten Waffen die entscheidende Rolle spielten: Sie waren die unmittelbaren Früchte des neuen naturwissenschaftlichen Wissens und Könnens.

Aber Achtung, wie sehen diese Früchte denn heute aus

mehr als ein Jahrhundert nach Boltzmann? Wenn wir den ethischen Maßstab der Bibel und den wissenschaftlichen des großen Naturwissenschaftlers auf die heutige Situation anwenden, zu welchem Schluss müssen wir dann gelangen? Albert Einstein hatte damals die berühmte Formel von der Äquivalenz von Masse und Energie als Theoretiker auf ein Stück Papier geschrieben. Das war ein faustischer Akt, Mephisto aber war sogleich zur Stelle, um eine Frucht daraus zu machen, an der wir die Richtigkeit der Theorie erkennen. Seitdem leben wir mit jenem gewaltigen Arsenal an Massenvernichtungswaffen, mit dem die Menschheit sich selbst mehr als hundertfach ausrotten kann. Kein Theoretiker hat dies gewollt, am wenigsten Einstein selbst, der dann später wie kein anderer vor der Wirkung der Bombe warnte und in einer Weltregierung die einzige Möglichkeit sah, um die tödliche Bedrohung zu überwinden. Aber Disteln tragen nun einmal Dornen. Wenn wir der Logik von Boltzmann folgen, ist es uns nicht erlaubt, einseitig nur von den süßen Früchten der Naturwissenschaften zu schwärmen – dem historisch einzigartigen Reichtum, den sie einem nicht geringen Teil der Weltbevölkerung verschafften -, wir müssen auch den Mut aufbringen, ihre giftigen Früchte zu sehen.

Nein, dazu bedarf es inzwischen nicht einmal besonderen Muts

Eine heile Welt gibt es nur noch in Märchenbüchern, die reale steht derweil auf einer Vielzahl von roten Listen. Von Kalifornien über Australien und Indonesien bis nach Sibirien lodern die Wälder. Zur gleichen Zeit werden die Stürme immer heftiger und Überschwemmungen treten immer häufiger auf. Schon im Jahr 2006 beschwor der Stern Report die beängstigende Perspektive, dass die Landwirtschaft in Teilen Afrikas die Menschen dort nicht mehr ernähren kann und Millionen von Menschen die Festung Europa stürmen.

Doktor Faust, der kühne Theoretiker, hat die abstrakten

Formeln aufs Papier gekritzelt, welche dem modernen Menschen eine Herrschaft über die Natur verschaffen, die bis dahin als Vorrecht Gottes galt. Es war Mephisto an seiner Seite, der sich dann an die Spitze jener Tausende begnadeter Ingenieure setzte, welche die Geistesblitze der Theorie anschließend in die Tat umsetzten. Das waren, wie Boltzmann sagt, ihre logischen Beweise.

Beide zusammen, Doktor Faustus und Mephistoles, sein Kumpan, verkörpern die zwei Seiten des Menschen, dessen Taten aus guten wie giftigen Früchten bestehen. So zweifelt zum Beispiel niemand an den gewaltigen Fortschritten der Medizin, aber dieser Fortschritt hat uns nicht nur ermöglicht, das Leben um Jahrzehnte zu verlängern und uns bis ins hohe Alter gesund zu erhalten, sondern erlaubt uns ebenso, die Erbsubstanz lebender Wesen nach unserem Willen zu verändern. Schon steht Mephisto bereit, um uns einzuflüstern, wir mögen dieses Können doch bitte auch auf den Menschen selbst anwenden. Dann werden wir ein Geschlecht von pseudohumanen Robotern erschaffen, die sich als Frankensteinmonster entpuppen könnten.

Solche Aussichten sind bedrückend. Unsere Erde wird zu einem furchtbaren Ort, solange wir nicht fähig sind, der überragenden Intelligenz von Dr. Faust und seinem Alter Ego Mephisto etwas ganz anderes an die Seite zu stellen, nämlich Sophia, die glücklicherweise in uns ebenfalls angelegte menschliche Weisheit. Im Sinne des bloßen Überlebens auf einem zunehmend geschundenen Planeten müssen wir zu bindenden ethischen Regeln gelangen, um die Menschheit vor sich selbst zu schützen, nämlich vor den zunehmend giftigen Früchten der wissenschaftlich-technischen Intelligenz.

Denn – vergessen wir nicht – die Tat

ist nicht denkbar ohne den Zugriff auf die Dinge, d.h. auf die Natur und ihre Ressourcen. Ohne die Ausbeutung der in der Erdrinde verborgenen Reserven an Kohle, Öl und Gas hätte es die industrielle Revolution niemals gegeben. In der Einleitung zu einem neuen, bisher noch unveröffentlichten Buch gebrauche ich den folgenden Vergleich:

„Ist unsere gegenwärtige Situation nicht der einer siegreichen Armee zu vergleichen, die alle Beute eines eroberten Landes in kurzer Zeit an sich riss und sie nun in einem kurzen, besinnungslosen Festrausch verprasst? Seit Beginn der industriellen Revolution, die man mit gleichem Recht die fossile nennen kann, vergeuden wir den Reichtum der Erde und wollen nicht sehen, dass er nur noch für ein oder zwei Generationen reicht – und schon gar nicht wollen wir uns sagen lassen, dass unser Festmahl ringsherum überall Spuren von Gift hinterlässt: in der Luft, im Wasser und im Boden.“

Für empfindliche Ohren sind dies Kassandratöne,

welche die selbstgefälligen Lügen unseres staatlich geförderten „positiven“ Weltbilds gefährden. Doch die ökologische Krise ist eine Tatsache, an der die führenden Ökologen schon längst keinen Zweifel mehr lassen. Herman E. Daly, ehemaliger ökonomischer Mitarbeiter der Weltbank, der bis heute mit seinen Schriften vielen als die größte Autorität auf dem Gebiet der wissenschaftlichen Erhellung ökologischer Zusammenhänge gilt, hat meiner Analyse seinen ausdrücklichen Beifall gezollt. „Lieber Herr Dr. Jenner, meinen Dank, dass Sie mir Ihr schlüssig begründetes, gut dokumentiertes und klar geschriebenes Buch geschickt haben. Ich hoffe, es wird weithin gelesen. Mit den besten Wünschen, Herman E. Daly.“

Von ökonomischen Experten hatte ich schon früher Lob für meine Schriften erhalten, nämlich von zwei ehemaligen deutschen Wirtschaftsweisen Bert Rürup und Gerhard Scherhorn. Die wohlwollende Beurteilung meiner neuen Arbeit durch Herrn Prof. Daly aber ist für mich besonders bedeutsam, weil ich nur wenige Wissenschaftler kenne, welche sich auch dann noch zur Wahrheit bekennen, wenn diese, wie Al Gore es ausdrückt, „unbequem“ ist und zudem noch gegen jenen Zwang zur politischen Korrektheit verstößt, der unser Denken mittlerweile immer mehr auf das Geleis der Selbstzensur zwingt.

Politisch korrekt ist mein Buch jedenfalls nicht

denn es kam mir nur darauf an, die Tatsachen „gut zu dokumentieren“, die Folgerungen aus ihnen „schlüssig zu begründen“ und möglichst „klar darüber zu schreiben.“ Wer allerdings politische Korrektheit verlangt, um niemanden vor den Kopf zu stoßen, der schreckt vor manchen ihrer Aussagen zurück, auch wenn deren fachliche Unanfechtbarkeit von einem international gefeierten Ökonomen ausdrücklich gewürdigt wird. Frau Julia Womser, eine Lektorin des dtv-Verlags, mit der ich telefonisch die Zustellung des Manuskripts vereinbart hatte, scheint nicht einsehen zu wollen, dass inzwischen selbst Schülerinnen wie Greta Thunberg die Dramatik unserer heutigen Situation begreifen. Jedenfalls haben die Verstöße meines Buches gegen die politische Korrektheit die Dame offenbar so sehr empört, dass sie es nicht einmal für nötig hielt, die üblichen Formen der Höflichkeit zu wahren: Selbst nach schriftlicher Rückfrage – ein Monat nach Zustellung fragte ich nach, ob Interesse an der Arbeit bestehe – hielt sie es nicht für nötig, mir auch nur eine Antwort auf meine Frage zu erteilen.*1* 

Aber es stimmt ja: Das Buch „Wir schaffen das!“*2*

schreckt vor politischer Unkorrektheit durchaus nicht zurück. Es spricht nicht nur über den Klimawandel und seine jetzt schon klar erkennbaren Folgen ohne alle Beschönigung sondern ebenso über Migration, bedingungsloses Grundeinkommen und ähnliche Themen, die für viele Zeitgenossen zu Kampfbegriffen geworden sind, an denen man andere Menschen entweder als Gesinnungsgenossen oder als zu bekämpfende Feinde erkennt. Ich selbst habe mich nie von dem Standpunkt entfernt, dass sich wissenschaftliche Wahrheitssuche darin erweist, dass über jedes Thema sachlich gesprochen wird – unter sorgfältigem Abwägen des Für und Wider. Dabei geht es um eine offene Diskussion, denn Kritik ist die eigentliche Essenz und Antriebskraft jeder Wissenschaft. Was deren Geist grundsätzlich widerspricht, ist dagegen der populäre Shitstorm ebenso wie das heimliche Strippenziehen im Hintergrund. Letzteres habe ich im Hinblick auf das vorliegende Buch inzwischen auch schon erleben müssen. Ich erwähne diesen an sich für Unbeteiligte ganz unbedeutenden Vorfall aus dem einzigen Grund, weil es inzwischen auch zur politischen Korrektheit gehört, sich duckmäuserisch klein zu machen und Verstöße gegen das Ethos von Wahrheit und Wissenschaft feige zu verschweigen.

Ein Lektor und ein keineswegs unbekannter deutscher Wissenschaftler

sind, wie ich meine, der einen mit seinem guten Ruf, der andere mit seiner Reputation recht leichtfertig umgegangen – auch solche Folgen kann ein politisch unkorrektes Buch bewirken. Oder ist es nicht für den guten Ruf eine ernste Gefahr, wenn ein Lektor zwei Wochen nach meiner zugleich schriftlich wie telefonisch erfolgten Anfrage, ob ein grundsätzliches Interesse an dem Buch bestehe, dem Autor einerseits bescheinigt, dass die „Buchidee .. natürlich zu uns passt und es sicher auch Wert /sic!/ ist, in Deutschland zu erscheinen“, nur um seine Mail dann mit der Standardfloskel zu schließen, „bitte werten Sie diese Absage nicht als Kritik an der Buchqualität.“ All dies, wohlgemerkt, ohne auch nur eine einzige Zeile des Buches gelesen zu haben, denn Herr Hirsch kannte nur deren Titel und die wohlwollende Beurteilung durch einen international renommierten Experten – das Manuskript selbst hatte er überhaupt nicht angefordert. Sehr wohl hat er aber davon durch Herrn Niko Paech gewusst, einen geschätzten Autor des Verlags, der das Manuskript von mir bekommen hatte und mich zu der lobenden Stellungnahme von amerikanischer Seite beglückwünschte – „so ein feedback vom Papst /der Wachstumskritik/ hätte ich auch mal gern…“ Prof. Paech wusste auch, dass ich mich an den oekom-Verlag wenden wollte, denn dies hatte ich ihm zuvor in zwei Mails mitgeteilt und ihn um seine Unterstützung gebeten.*3*

Nun, derartige Intrigen und heimliche Absprachen im Hintergrund sind so alltäglich, dass es sich nicht lohnen würde, auch nur ein Wort darüber zu verlieren. Andererseits möchte ich mir nicht sagen lassen, dass ich aus Duckmäuserei davor die Augen verschließe. Offene Diskussion bedeutet auch, dass man diejenigen bei Namen nennt, die sich davor drücken und lieber hinter den Kulissen tuscheln. An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen!

Aber lässt sich denn über die Klimakrise überhaupt noch etwas sagen,

das denen, die informiert sein wollen, nicht ohnehin schon bekannt ist? Wohl eher wenig. Meinem Buch wird man nur in einer Hinsicht eine gewisse Originalität und Bereicherung der Diskussion zubilligen können. Wenn es stimmt, dass die Erschöpfung der Ressourcen und – mehr noch – die stetige Vergiftung der Umwelt durch die Rückstände der industriellen Prozesse (von denen CO2 ja nur eines unter inzwischen Hunderttausenden ist) eine noch weit größere Wende bedeutet als die beiden größten Revolutionen der Vergangenheit, die neolithische und die fossile. Und wenn es ebenso richtig ist, dass die notwendigen Maßnahmen zur Überwindung dieser welthistorischen Krise an und für sich einfach sind und der Wissenschaft wohlbekannt, wie ist es dann zu erklären, dass diese Maßnahmen auf so erbitterten Widerstand stoßen und wir dem Abgrund trotz Pariser Vertrag und unzähligen anderen Bemühungen de facto nur immer schneller entgegenschlittern? Diese Frage verlangt nach einer Antwort – und diese steht denn auch im Vordergrund meines Buches.

1 Man darf sich nicht wundern, dass es angesichts derartigen Verhaltens von Lektorenseite immer üblicher wird, dass Autoren ihre Manuskripte gleichzeitig an mehrere Verlagen senden – andernfalls müssen sie damit rechnen, bis ans Ende ihrer Tage auf eine Antwort zu warten.

2 Die englische Version, die als Kindle bei Amazon vorliegt, trägt einen besseren Titel: „Yes, we can – No, we must“.

3 Die gedankenreichen und oft herausfordernden Überlegungen von Prof. Niko Paech schätze ich sehr. Das war der Grund, warum ich ihm mein Manuskript zuschickte, wobei ich gleichzeitig um Fürsprache beim oekom Verlag bat, falls ihm die Arbeit gefalle, er sei dort mit seinem von mir mehrfach zitierten Buch ja ein geschätzter Autor. Diese Bitte habe ich dann ein zweites Mal ausgesprochen, nachdem er den Empfang des Manuskripts bestätigt hatte. Ich habe mir nichts dabei gedacht, dass Herr Paech auf meine Bitte nicht reagierte. Jedenfalls wandte ich mich unmittelbar danach an Herrn Hirsch vom oekom Verlag, ob er an der Arbeit interessiert sei, dann würde ich ihm das Manuskript zuschicken. Das geschah, wie schon erwähnt, sowohl in einer Mail wie am selben Tag auch telefonisch. Wenn er mein Publikationsangebot von vornherein ausschlagen musste, weil es keine freien Programmplätze mehr gab, dann hätte er mir dies am Telefon gleich sagen können – und sagen müssen.

Zwei Wochen später erhielt ich eine Absage in Gestalt des üblichen Standardtextes, nämlich dass der Verlag schon andere Bücher in seinem Programm habe und ich das bitte nicht als Aussage über die Qualität meines Buches auffassen solle. Angesichts der Tatsache, dass Herr Hirsch das Manuskript nie bekommen hatte, war dies reine Verhöhnung. Nur Herr Paech, der geschätzte Autor des Verlages, hatte ihm innerhalb dieser beiden Wochen Auskunft über das Buch geben können – Herr Paech hatte zweimal von mir erfahren, dass ich mich an den oekom Verlag wenden wollte.

Der Vorfall ist an und für sich ganz bedeutungslos, verdient aber deswegen erwähnt zu werden, weil er das Gegenteil einer möglicherweise durchaus berechtigten Kritik an meiner Arbeit ist. Wäre diese offen und nicht auf diese „hinter-listige“ Weise vonseiten Herrn Paechs erfolgt, dann wäre ich dankbar dafür gewesen. Was Herrn Hirsch betrifft, so sind Verlage private Unternehmen und haben daher das Recht, auch ohne Angabe von Gründen, anzunehmen oder abzulehnen, wen oder was sie wollen, doch gibt es Regeln der Anständigkeit, die auch ein Herr Hirsch einhalten sollte. Im Hinblick auf Herrn Paech gilt grundsätzlich die Unschuldsvermutung. Immerhin ist bei Gott alles möglich – vielleicht hat der Erzengel Gabriel Herrn Hirsch Einsicht in mein Buch verschafft, sodass er sich in den zwei Wochen ein sachlich fundiertes Urteil darüber bilden konnte.

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Von Robert Menasse erhielt ich die beiden Mails:

Lieber Gero, gibt es mittlerweile eine Perspektive, wo das Buch nun doch erscheinen wird? Herzliche Grüße, Robert

und:

Lieber Gero, ich hoffe, dass Du das Buch noch nicht herumgeschickt hast. Heute als Autor selbst ein Buch an Verlage zu schicken, ist zu 99% aussichtslos. (Deine 5% sind viel zu optimistisch). Nein, Du musst das Buch einem Agenten/einer Agentin geben. Eine Agentur findet den Verlag, in deinem Fall bei dieser Thematik mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit. Kennst Du Agenturen? Herzlich, Robert