Die Welt des 21. Jahrhunderts – zerbrechlich oder bereits zerbrochen?

Anlässlich eines Buches von Stefan Thurner: Die Zerbrechlichkeit der Welt

Teil I – vier Typen von Sachbuchautoren

Der Autor des Buches ist Spezialist für komplexe Netzwerke, die er an der der Medizinischen Universität Wien mit Hilfe von Big Data analysiert. Ich erlaube mir in dieser Einführung, den Autor selbst zunächst einmal als Teil eines komplexen Netzwerkes zu sehen, in das er eingebunden, man darf wohl auch sagen gefangen ist – so wie jeder andere Sachbuchautor auch. Dieses Netzwerk besteht aus einer Triade: erstens, aus der zu beschreibenden Sache, nämlich der Gesamtheit der uns heute bedrohenden Krisen; zweitens, dem Autor selbst und drittens, dem Publikum – dadurch gewinnt das Verhältnis die ihm eigene Komplexität. Denn dessen dritte Säule, das Publikum, entscheidet letztlich darüber, ob Gedanken überhaupt die Chance besitzen, an eine breitere Öffentlichkeit zu gelangen.

Von dieser komplexen Triade – Welt, Autor und Publikum – ist zwar in Thurners Buch keine Rede, aber es scheint mir angemessen und seiner Theorie zu entsprechen, wenn man sie zum Ausgangspunkt aller weiteren Überlegungen macht. Denn diese Trinität bringt vier mögliche Typen von Autoren hervor. Erstens, den konsequenten Schwarzmaler, dessen Erfolgschancen beim großen Publikum nahezu null sind; zweitens, den Krisenleugner; drittens, den Publikumsschmeichler und, viertens, den Fachmann als Retter in der Not.

Der Schwarzmaler

Nehmen wir an, dass unsere Welt nicht nur zerbrechlich sei, sondern bereits zerbrochen wäre, weil sie aufgrund unserer ökonomisch bewirkten Umweltzerstörung und militärischen Aufrüstung auf keine Zukunft mehr hoffen darf. Ein Autor, der dies ohne Wenn und Aber so formulieren würde und keine mögliche Rettung in Aussicht stellt, würde von jedem Verlag als unverkäuflicher Schwarzmaler abgelehnt werden. Verlage und Agenturen wissen ziemlich genau, was die Menschen lesen und was sie nicht lesen wollen. Die Frage, ob der Autor möglicherweise mit seinem Pessimismus im Recht ist, spielt aus ihrer Sicht keine Rolle.

Ich kenne nur ein einziges Buch, das eine derartig niederschmetternde Analyse wagte und dennoch nicht nur gedruckt worden ist sondern für kurze Zeit sogar erstaunliche Verbreitung fand. Es ist das Buch eines damals in Deutschland sehr bekannten, ja berühmten Mannes, den viele für seine Klugheit, sein enzyklopädisches Wissen, seine Beredsamkeit und nicht zuletzt wegen seines keineswegs wissenschaftlich dürren sondern im Gegenteil schönen Deutsches bewunderten. Der Autor heißt Hoimar von Ditfurth und sein Buch trägt den Titel „So lasst uns denn ein Apfelbäumchen pflanzen – es ist soweit“. Im Nachhinein darf wohl behauptet werden, dass es einzig und allein der – damalige! – Ruhm und Ruf des Autors waren, der die Veröffentlichung dieses Weltuntergangsbuches ermöglichte. Von Ditfurth sah die Welt unfehlbar in den Abgrund schlittern – und zwar bereits vor achtunddreißig Jahren (1985), als die heutigen Multikrisen sich gerade erst abzuzeichnen begannen. Sieht man einmal vom Waldsterben ab, so wurden die erdrückenden Befunde des Autors bis heute nicht widerlegt, aber mit seinem Ruhm war es nach diesem Buch sehr schnell vorbei. Da war ein hervorragend informierter Bewunderer von Technik und Wissenschaft plötzlich vom Paulus zu einem Saulus geworden, denn das Fazit seines Buches war eindeutig und ließ keinen Appell und keinen Ausweg zu: Wissenschaft und Technik hätten ihre Versprechen nicht erfüllt, lautete die Diagnose von Ditfurths. Sie können nicht länger als Heilsbotschaften gelten, weil sie die Menschheit statt ins Paradies direkt und unwiderruflich in den Untergang führen.

Dieses Buch eines im Alter kompromisslosen Pessimisten war und blieb eine Ausnahmeerscheinung in der deutschen Publikationslandschaft. Selbst Katastrophenfilme, die sich heute einer gewissen Beliebtheit erfreuen, lassen doch immer noch einen Ausweg offen. Irgendwo im intergalaktischen Raum, wenn nicht gar auf dem uns naheliegenden Mars, gelingt es einer kleinen Zahl von Versprengten ein neues Virginia zu gründen – die Menschheitsgeschichte beginnt dann sozusagen wieder von vorn und der Zuschauer verlässt das Kino mit einem Aufatmen und trotz allem getröstet.

Der Krisenleugner

steht auf der andere Seite und kann, wenn er seinen Standpunkt auch nur halbwegs plausibel vertritt, stets auf großen Beifall beim Publikum hoffen – ganz besonders natürlich auch bei der Industrie und anderen Krisenverantwortlichen. Jeder Autor, der halbwegs glaubwürdig argumentiert, dass es in Wahrheit gar keine Krise gebe, weil das heutige Leben bedeutend sicherer, gesünder und die Zukunft weit weniger gefährdet sei als je zuvor in der Geschichte der Menschheit, darf sich einen weltweiten Erfolg erhoffen, denn genau diese frohe Botschaft möchten die meisten Menschen und Politiker hören.

Das Paradebeispiel für diese Leugnung liefert Steven Pinker, zweifellos einer der intelligentesten zeitgenössischen Autoren, der das Evangelium einer am Ende immer siegreichen und letztlich unfehlbaren Technik und Wissenschaft gegen jeden Einspruch mit unzweifelhafter Brillanz verteidigt. Auf den meisten Gebieten, über die er sich souverän verbreitet, ist Pinker zwar Laie – Spezialist nur als ausgebildeter Sprachwissenschaftler -, aber das tut seiner Wirkung durchaus keinen Abbruch. Er kommt dem elementaren Bedürfnis des großen Publikums entgegen, die Welt in eine rosa Hoffnungsaura zu hüllen. Das allein würde seinen weltweiten Erfolg nicht erklären, denn auch Esoteriker wirken in diesem Sinne. Seine eigentliche Stärke und Wirkung liegt darin, dass er die Menschheit in ihrem zweihundertjährigen Glauben an den beständigen und unaufhaltsamen Fortschritt durch Wissenschaft und Technik bestätigt.

Der Publikumsschmeichler

Krisenleugner haben es freilich schwer, sobald die Sache selbst – in unserem Fall die krisengeschüttelte Wirklichkeit – sich aller Schönfärberei zunehmend verweigert. Die Polkappen schmelzen, Kalifornien und Teile Australiens werden von Feuerstürmen verheert, immer größere Teile Afrikas verdorren und Stürme von nie erlebter Gewalt machen die Auswirkungen der Klimakrise auch den hartnäckigsten Leugnern sichtbar. Da gelingt es am Ende nur noch unter gewaltsamer Verdrehung der Fakten, die Zukunft weiterhin auf Goldgrund zu malen.

Der Publikumsschmeichler geht raffinierter vor. Er findet immer bewundernde Leser, nicht selten sogar millionenfach. Ein Autor braucht uns nur überzeugend einzureden, dass wir in unseren Schöpfungen gottähnliche Leistungen vollbringen, und schon erschauern wir in stiller Ehrfurcht vor uns selber. Yuval Noah Harari ist ein Meister in der Kunst, uns in einen Rausch der Selbstbewunderung zu versetzen. Es gibt Kritiker, die seine Beschwörungen als Schaumschlägerei abtun und ihn der Oberflächlichkeit bezichtigen.*1* Doch seiner Beliebtheit tut das keinen Abbruch. Denn der Rausch bleibt selbst dann, wenn Harari die großen Probleme beim Namen nennt. In seiner Perspektive bleibt die Aufklärung, was sie von Anfang an zu sein behauptete, eine Erlösungslehre und Apotheose, welche die Menschen zu Göttern macht Es ist diese Selbststeigerung des Homo scientificus zu einem göttlichen Wesen – Homo Deus -, die ihren Heiligenschein auch noch auf den profanen Leser wirft. Ebenso wie Pinker spricht Harari fast nirgendwo als Fachmann – er war ursprünglich Historiker für das Militärwesen in der Renaissance -, dennoch hat er es fertiggebracht, die Rolle eines amtierenden Oberpriesters für das wissenschaftliche Zeitalter zu besetzen. Souverän redet er über schlechthin alles – über Mücken wie Elefanten -, und die Welt lauscht gebannt seinen Worten, weil Harari uns im Namen der Aufklärung Absolution erteilt, solange wir nur so innbrünstig wie er selbst an Wissenschaft und Fortschritt glauben.

Der Fachmann als Retter in der Not

Im Gegensatz zu den Krisenleugnern und Publikumsschmeichlern haben wir es bei Thurner mit einem echten und vergleichsweise bescheidenen Fachmann zu tun, der uns über einen Forschungsbereich informiert, in dem er selbst in einer renommierten Institution, der Universität, tätig ist. Dieser Umstand macht ihn für einen Verlag von vornherein interessant, weil der prüfende Lektor das vorgebrachte Wissen nicht zu kontrollieren braucht; die zuständige Institution garantiert sozusagen für Seriosität.

Doch Fachwissen allein genügt nicht, um einen Sachbuchautor für einen Verlag interessant zu machen. Sind seine Ansichten zu abgehoben, abstrakt-theoretisch oder fallen sie gar zu pessimistisch aus, dann wird der Autor mit seinen Gedanken nie über wissenschaftliche Fachzeitschriften und eine Handvoll von Experten hinausgelangen – das übliche Los der Mehrzahl aller Wissenschaftler. Zum Erfolgsrezept bei einem breiteren Publikum gehört eine eingängig geschriebene Analyse und Diagnose der bestehenden Probleme. Die darf ohne weiteres in aller Schärfe erfolgen, vorausgesetzt, dass die den Leser am Ende mit einer möglichst neuen und überraschenden Therapie wieder mit Hoffnung beschwichtigt. Nach diesem bewährten Schema arbeiten nahezu alle bekannten Sachbuchautoren. Auf Anhieb denke ich da z.B. an Erich Fromm (Psychoanalyse), Fritjof Capra und Hans-Peter Dürr (Physik), Ernst F. Schumacher, Herman Daly, Acemoglu (Wirtschaft) sowie McGilchrist (Neurologie). Es ist verständlich, dass uns jeder dieser Autoren eine Rettung aufgrund der jeweils von ihm vorgeschlagenen Botschaft verspricht. Die Rettung kann in einer grundlegenden Bewusstseinsänderung bestehen. Das gilt von Sachbuchautoren wie Fromm, Capra, Dürr oder neuerdings von McGilchrist. Dagegen fordern Autoren wie Schumacher, Daly, Acemoglu aber auch Thurner bestimmte gezielte Eingriff in die bestehenden Institutionen.

Zweifellos tragen Erkenntnisse auf allen Gebieten der Forschung auf je eigene Art dazu bei, dass Gesellschaften einen Teil der auf sie zukommenden Probleme bewältigen. In diesem Sinne dokumentieren die vorgeschlagenen therapeutischen Eingriffe und Reformen in aller Regel einen realen Fortschritt der theoretischen und manchmal auch der angewandten Erkenntnis. Aber ich wage zu behaupten, dass sich im Rückblick auf alle vergangenen Vorschläge eine weitere Einsicht ebenso generalisieren lässt, nämlich die, dass sämtliche Versprechungen und Hoffnungen das Maß des dann tatsächlich Erreichten und mehr noch – des tatsächlich Erreichbaren – weit überschritten. Diese Vorschläge erweckten in uns die Hoffnung, dass wir nur einige Stellschraube in unserem Gehirn oder in unseren Institutionen verdrehen müssten, das würde dann schon genügen, um die Krisen zu bemeistern und der Entwicklung eine radikal andere Richtung zu geben.

Das Buch von Stefan Thurner ist insofern typisch für die Gattung des Fachmanns als Retter aus der Not als der Autor genau in diese Kerbe schlägt. Andererseits zeichnet sich der Verfasser durch ein hohes Maß an Ehrlichkeit aus. Zwar verspricht er dem Leser schon auf den ersten Seiten, dass die Analyse von Big Data innerhalb komplexer Netzwerke uns dazu verhelfen würde, krisenhafte Entwicklungen rechtzeitig zu erkennen und sie durch sinnvolle Steuerung zu beherrschen. Wir gewinnen den Eindruck, dass uns Forschung und Technik endlich ein Instrument in die Hände geben, um die unerwünschten Auswirkungen unserer finanztechnischen, ökonomischen, sozialen und politischen Maßnahmen von vornherein zu erkennen und einzudämmen. Thurner bleibt also der Grundlinie treu, dass die durch Technik und Wissenschaften verursachten Probleme nur durch den Einsatz von noch mehr Technik und Wissenschaft zu lösen seien. Diese Art der Homöopathie – die Methode, Gleiches mit Gleichem zu bekämpfen – versteht sich seit mehr als zweihundert Jahren unter nahezu allen Wissenschaftlern von selbst.

Aber eines macht Thurner besonders sympathisch. Er unterschlägt die zahlreichen und gewichtigen Einwände und Bedenken nicht, die sich dabei zwangsläufig aufdrängen. Meinerseits möchte ich versuchen, diese Einwände zu verallgemeinern. Alle unsere tatsächlichen Fortschritte in der Beherrschung der Natur lassen sich darauf zurückführen, dass sich Letztere berechenbar verhält – innerhalb gewisser Grenzen zumindest. Ein Elektrizitätswerk oder ein Handy funktionieren genau deshalb, weil sie berechenbare Maschinen sind, so wie auch die spektakulären Fortschritte der Medizin nur dadurch erklärbar werden, dass selbst der Mensch bis zu einem gewissen Grade eine Maschine ist, deren defekte Teile wir erkennen, reparieren oder sogar ersetzen können.

Doch so spektakulär auch die Erfolge, die wir auf diese Weise erzielen, die Grenzen dieses Fortschritts sind ebenso klar erkennbar. Die Beherrschung der Kernspaltung in einem Atomkraftwerk funktioniert beispielsweise nur so lange wie Letzteres ein geschlossenes System darstellt. Wenn ein Erdbeben wie in Fukushima oder unsachgemäße Eingriffe wie in Tschernobyl es in ein offenes System verwandeln, wird es für uns schlagartig unberechenbar und wir verlieren die Kontrolle. Für den kritischen Leser legt das Buch von Stefan Thurner diese Grenzen genauso bloß. Die Verheißung der Herrschaft über komplexe Systeme gilt nur für geschlossene Systeme und auch da nur bei starker Vereinfachung. Denn die uns umgebenden ökonomischen, sozialen und politischen Systeme sind nie ganz geschlossen – dort wo sie offen sind, entziehen sie sich der Berechenbarkeit und der darauf beruhenden Beherrschung. Gerade das Buch von Stefan Thurner belegt, dass Big Data weit mehr Probleme erzeugt als beseitigt (Zitate des Buches gebe ich in Kursivschrift wieder).

Teil II – das Pardus-Universum bei Stefan Thurner

Auf die Möglichkeiten der Analyse komplexer Netzwerke wurde der Autor durch die Dissertation eines Studenten aufmerksam, welche aus einem Computerspiel namens Pardus bestand, das die Wirklichkeit möglichst detailgetreu abbildet, indem es die Spieler wie im wirklichen Leben agieren lässt. Der Unterschied: jede einzelne Aktion jedes einzelnen Spielers wird protokolliert. Der Spielleiter ist also in jeder Entwicklungsphase der imitierten Wirklichkeit genau informiert, in welche Richtung sich das Netzwerk bewegt. Mit anderen Worten: Der Spielleiter ist das, was Gott einmal war, nämlich ein höheres Wesen, das jeden Gedanken und jede Handlung seiner Geschöpfe kennt. Der Spielleiter kann daher auch widersprüchliche Tendenzen erkennen, bevor diese soziale, finanzielle oder ökonomische Spannungen auslösen. Da Netzwerke komplexe Strukturen sind, in denen Fehlentwicklungen sich zu Kipp-Punkten aufschaukeln können, die am Ende den Kollaps des Systems bewirken, scheint der prognostische Wert solcher Überwachungssysteme auf der Hand zu liegen. Das ist denn auch die positive Vision, welche uns der Autor auf vielen Seiten seines Buches immer wieder vor Augen hält: Das Pardus-Universum beweist, dass die Komplexität in sozialen Systemen beherrschbar sein kann.

Im übrigen lässt Stefan Thurner auch keinen Zweifel daran, dass das Computerspiel Pardus in der Realität bereits erfolgreich angewandt wird, allerdings für Zwecke, die erwiesenermaßen wenig lobenswert sind. Die globalen Datenmonopolisten umfassen die üblichen Verdächtigen, nämlich Unternehmen wie Amazon, Google, Microsoft, Facebook sowie Geheimdienste und Cyberabteilungen in den Verteidigungsministerien dieser Welt. Sie besitzen Nutzer-Daten in ungeheurem Ausmaß und lassen im Normalfall niemanden anderen wissen, welche Informationen über wen bekannt sind und wie diese genutzt werden. Und sein verständliches Fazit: Eine vollständige digitale Kopie des Planeten, vergleichbar mit der der Pardus-Welt, birgt… riesige Gefahren für massive Manipulation.

Erstaunlich finde ich allerdings, dass in dieser Auflistung einer schönen neuen Welt, in der jede Handlung des Bürgers und – wenn möglich – auch noch jeder seiner Gedanken von einem Superhirn registriert wird, das offensichtlichste Beispiel fehlt. In der Volksrepublik China wird Pardus gegenwärtig an einem Fünftel der Menschheit exekutiert – und zwar nach genau den Vorgaben, die der Informationswissenschaftler Stefan Thurner zu seinem wissenschaftlichen Ziel deklariert. Pardus ist die erste Welt mit einer vollständigen digitalen Kopie. Alles, die gesamte Geschichte des Pardus-Universums, ist mitgeschrieben – bis ins kleinste Detail. Jede Bewegung, jede Handlung, jede Veränderung, jede Interaktion zwischen Avataren, alles ist archiviert. Genau dieses Modell wird gegenwärtig in China zur Anwendung gebracht. Indem die chinesische Führung das tägliche Leben jedes Chinesen im Verkehr, im Konsum, im Austausch der Gedanken über das Internet oder das Telefon, in der Ortsveränderung der Menschen usw. umfassend protokolliert, will das Regime genau das verhindern, was nach Thurner die eigentliche Gefahr komplexer Netzwerke bildet. Das Fehlverhalten einzelner Bürger könnte sich summieren und sich zu Tipping-Points aufschaukeln, die das System aus dem Gleichgewicht bringen oder gar zum Kollaps. Denn das Ziel der Entwicklung ist vom Regime in Peking eindeutig festgelegt. Es geht darum, den chinesischen Staat ökonomisch, politisch und sozial zum gefestigsten und mächtigsten auf dem Globus zu machen – ein klassisches Ziel jeder Großmacht. Dieses Ziel wurde in China erfolgreicher und in kürzerer Zeit als irgendwo sonst in der Welt schon nahezu verwirklicht, und zwar innerhalb der unglaublich kurzen Frist von nur drei Jahrzehnten.

Es ist also wenig verständlich, dass Thurner diese weltgeschichtliche Anwendung des Pardus-Spiels ebenso wie die Tatsache unterschlägt, dass es dort im Namen der Wissenschaft exekutiert wird. Die totalitäre Überwachung der Bürger erfolgt mit dem erklärten Ziel, Stabilität und materiellen Fortschritt für die gesamte Bevölkerung auf schnellstem Weg und mit größter Effizienz zu realisieren. Niemandem, der die Entwicklung in China verfolgt, kann es entgehen, dass heute nirgendwo auf der Welt eine so große Wissenschaftsgläubigkeit, ja Wissenschaftsbegeisterung herrscht wie gerade dort. In Thurners Buch ist zwar viel von China die Rede, aber durchwegs in negativem Sinn, nur damit ja nicht der Verdacht entsteht, der für den kritischen Leser eine Tatsache ist, nämlich dass China das Computerspiel Pardus schon längst in die Praxis umgesetzt hat.

Es stimmt leider nicht, wenn Thurner behauptet, dass es diese Einschränkung der Freiheit… wie zum Beispiel Überwachungsnetzwerke… in der westlichen Zivilgesellschaft nicht /gebe/. Wie er selbst an anderer Stelle schreibt, wird sie in westlichen Gesellschaften ebenso umfassend von Großkonzernen wie Apple, Amazon, Facebook, Google, Twitter etc. praktiziert, nur eben privat und nicht – oder zumindest weit weniger – durch den Staat. Schon vor der Erfindung des Internets und der Künstlichen Intelligenz praktizierten private westliche Unternehmen eine umfassende Kontrolle ihrer Mitarbeiter. China verhält sich insgesamt wie ein Konzern, wo jeder auf die Ziele der Betriebsleitung (des chinesischen Politbüros) eingeschworen wird.

Auch wenn Thurner die Tatsache unterschlägt, der durchschlagende Erfolg des chinesischen Pardus-Systems gibt dem Autor von „Die Zerbrechlichkeit der Welt“ durchaus recht. Er braucht uns gar nicht besonders zu demonstrieren, dass im Kleinen jetzt schon gewisse Subsysteme erfolgreich stabilisiert werden können, z.B. das Finanzsystem. Mit dem Verständnis des Finanzsystems als komplexes, dynamisches Netzwerk-System wird dessen Stabilisierung zu einem technischen Problem – mit technischen Lösungen. China macht der Welt auf allen Gebieten vor, wie man den Staat als einen Automaten konzipiert, wo sich – so könnte es scheinen – dann alle Probleme technisch lösen lassen, jedenfalls so lange wie es dem Staat gelingt, seine Bürger dazu zu zwingen, ihr Handeln (und möglichst auch ihr Denken) ganz in den Dienst der vom Regime vorgegebenen Ziele zu stellen.

Tatsächlich denkt Thurner immer an China, auch wenn es für ihn ein Tabu darstellt, es zu einem welthistorischen Beweis für ein angewandtes Pardus-Spiel zu deklarieren. Denn vor dem Erfolg dieses Landes kann er die Augen nicht verschließen. So konnte zum Beispiel der Anteil der Bevölkerung, der eine Krankenversicherung besitzt, von zehn Prozent im Jahr 2004 auf 95 Prozent im Jahr 2016 angehoben werden. China konnte auch extreme Fortschritte in der Armutsbekämpfung erzielen… Marktwirtschaft und Industrie funktionieren auch in Diktaturen offenbar problemlos. Ich würde ergänzen, dass sie dort sogar besonders gut funktionieren, weil nämlich alle Faktoren, welche ihre Effizienz gefährden, mit wissenschaftlicher Methodik beseitigt werden.*2*

Allerdings setzt dieser Erfolg die Geschlossenheit des Systems voraus – alle Parameter müssen berechenbar bleiben. Wir sahen, dass diese Voraussetzung schon bei so überschaubaren Systemen wie Atomkraftwerken nicht garantiert ist. Wie in Fukushima oder Tschernobyl kann ein Erdbeben oder menschliches Versagen zu unvorhersehbaren Katastrophen führen. In weit höherem Maße gilt das natürlich für menschliche Gesellschaften insgesamt, wie Thurner selbst einräumt, wenn er sagt, dass die/der westlichen Zivilgesellschaft/ zugrundeliegende Komplexität wissenschaftlich derzeit noch unbeschreibbar sei.

Aber die Grenzen des Pardus-Spiels und damit der wissenschaftlichen Analyse und Steuerung der Wirklichkeit liegen nicht nur im Ausmaß der Komplexität – China ist eine hochkomplexe Gesellschaft wie jede andere auch, dennoch demonstriert dieses Land wissenschaftliche Analyse und Steuerung im Sinne von Fortschritt und Stabilität (auf Kosten der Freiheit) besser als jedes andere. Komplexität – auch die von komplexen Netzwerken – lässt sich offenbar beherrschen. Nur eines wird sich dieser Kontrolle immer entziehen: die Tatsache, dass alle natürlichen Systeme offen sind und daher niemals zur Gänze berechenbar.

Das hat inzwischen auch China erfahren müssen. In seiner Bekämpfung der Corona-Pandemie hat dieses Land sich strikt an die Vorgaben der Wissenschaft, d.h. der führenden Experten, gehalten. Die vorübergehende Quarantäne großer Menschenmassen hat diesem Land zwei Jahre lang einen durchschlagenden Erfolg beschert. Die Zahl der Erkrankten lag bei diesem Milliardenvolk eine ganze Zeit nahe bei Null, während in den Vereinigten Staaten in derselben Zeit nahezu hundert Millionen starben. Doch dann geschah das Unvorhergesehene. Eine weitaus ansteckendere Variante des Virus machte die Fortsetzung dieser Politik unmöglich – man hätte praktisch das ganz Land in Quarantäne schicken und den Zusammenbruch der Wirtschaft riskieren müssen. Wiederum waren es die wissenschaftlichen Experten, die dem Regime eine radikale Kursänderung empfahlen, doch diese Änderung hat schwerwiegende Folgen. Gleichsam über Nacht wird das Gesundheitssystem total überlastet – vermutlich wird das Millionen Menschen das Leben kosten. Wie Erdbeben, menschliches Versagen oder auch unvorhersehbare menschliche Bedürfnisse (z.B. nach Freiheit) repräsentiert das Virus jenen Anteil des Unberechenbaren, das jedes natürliche und daher offene System mit sich bringt.

Die Existenz jedes einzelnen Menschen wie auch die ganzer ökonomischer, finanztechnischer, sozialer und politischer Systeme bleibt gewöhnlich beherrschbar – jedenfalls innerhalb gewisser Grenzen. Dieser Umstand erklärt, warum jeder einzelne von uns seine eigene Überlebensstrategie entwickelt und dies auch der Menschheit insgesamt so gut gelungen ist, dass aus vereinzelten Jägern und Sammlern acht Milliarden der erfolgreichsten lebenden Art hervorgehen konnten. Aber die Offenheit jedes natürlichen Systems und die Tatsache, dass es deshalb nie vollständig berechenbar ist, wird uns gerade in unserer Zeit auf drastische Art vor Augen geführt. Niemand hat vor zweihundert Jahren vorausgesehen, dass es gerade der welthistorische Erfolg in der Vermehrung von materiellem Reichtum durch die Nutzung der fossilen Energieträger sein würde, der unseren Globus zu überhitzen und das menschliche Leben auf ihm zu zerstören droht. Die Vergiftung der Umwelt durch CO2 und tausend andere Rückstände der von uns prozessierten Rohstoffe war damals nicht vorauszusehen. Wir berechneten unser Tun auf wissenschaftliche Art – und das hat uns jenen überwältigenden Fortschritt beschert, den Autoren wie Yuval Noah Harari dazu verleiten, vom Homo Deus zu schwärmen. Aber in unseren Berechnungen fehlten schlicht und einfach die Giftstoffe und die von ihnen ausgehenden verheerenden Wirkungen – das ist heute die offene Flanke aller industriellen Gesellschaften.

Stefan Thurner weiß darum, und das ist für ihn ein weiterer Grund, die Analyse mit Hilfe von Big Data zu propagieren. Damit wäre es nämlich möglich, den Prozess der Klimaerwärmung umfassend zu kontrollieren, um gefährliche Tipping-Points rechtzeitig zu erkennen und den Systemkollaps zu vermeiden. Aber Thurner ist Realist genug, um Radikalkuren abzulehnen, denn sie würden nur das Übel der Klimaerwärmung durch andere – auf kurze Sicht ebenso drastische – ersetzen. Wir wollen einfach nicht, dass, während wir ökologische Netzwerke schützen, wirtschaftliche und soziale /Netzwerke/ kollabieren und Massenarbeitslosigkeit, soziale Unruhen, Armut und politisches Chaos die absehbaren Folgen wären… Würden wir den Energiehahn plötzlich abdrehen, wäre es so, als würden wir unserer Gesellschaft die Luft abdrehen.

Wenn Radikalkuren aber undurchführbar erscheinen, könnte es dann nicht sein, dass wir überhaupt keine Chance mehr besitzen, die Überhitzung des Planeten noch zu umgehen? Thurner beweist seine Ehrlichkeit, wenn er eingesteht, dass nach Meinung führender Experten der richtige Zeitpunkt für ein erfolgreiches Eingreifen bereits verpasst sei, denn das Ziel (von zwei Grad) zu erreichen, ist laut Hans Joachim Schellnhuber, Gründer und ehemaliger Chef des Potsdam Institut für Klimafolgenforschung (PIK), gar nicht mehr möglich. Und sobald wir einmal bei zwei Grad sind, werden wir durch eine Reihe von Rückkopplungsschleifen bald bei vier Grad sein, schätzt er. John Rockström, ebenfalls Experte am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, sieht Folgen für unsere Art voraus, die – so möchte ich hinzufügen – um vieles einschneidender wären als alle bisherigen Kriege. „Bei einer um vier Grad wärmeren Welt ist es schwierig zu sehen, wie wir eine Milliarde Menschen, oder auch nur die Hälfte davon, darin unterbringen können. Will Steffen, renommierter Klimaforscher und Mitarbeiter bei IPCC fasst seine Erkenntnisse in einem Satz zusammen: „Das derzeit wahrscheinlichste Szenario ist der Kollaps.“

Welche Therapie verheißt Thurners Buch, um einen schnellen Ausstieg aus den CO2-Emissionen zu erreichen? Thurners Rezept lautet wie folgt: Erstens die Formulierung der Rechte des Planeten. Zweitens das Bekenntnis weiter Teile der Bevölkerung zu diesen Rechten, und drittens die Schaffung einer exekutiven Macht – einer Institution – zur Überwachung der Einhaltung der Planetaren Rechte.

Drei Punkte in diesem Maßnahmenkatalog entsprechen den üblichen Bekenntnissen auf Klimakonferenzen, die bisher keine Wirkung erbrachten und das wohl auch in Zukunft kaum tun werden. Ein einziger Punkt – derselbe, den ich in allen meinen Arbeiten mantragleich wiederhole, nämlich die Schaffung einer exekutiven Macht, wie sie schon der Historiker Arnold Toynbee verlangte, könnte effektive Abhilfe schaffen. Aber Toynbee wusste auch, dass der teilweise Verzicht auf einzelstaatliche Souveränität, den die Schaffung einer solchen globalen Exekutive notwendig zur Bedingung macht, nicht freiwillig erfolgen wird sondern allenfalls nachdem die Menschheit eine mehr oder minder große Katastrophe erlitten hat – wir wissen, dass auch die Europäische Union das Ergebnis der Katastrophe von zwei verheerenden Bruderkriegen gewesen ist.

*1* In seinem Buch „Ship of Fools“ nimmt der britische Anthropologe kein Blatt vor den Mund.

*2* Thurner ist, wie gesagt, der Einwand natürlich bewusst, dass China sich jedem kritischen Leser seines Buches sofort als verkörperte Realanwendung des Pardus-Spiels aufdrängen wird. Um diese Assoziation möglichst auszuschalten, vergleicht er das kommunistische Regime mehrfach mit der totalitären Hitler-Diktatur – wie ich meine zu Unrecht. So lässt sich beispielsweise die blutige Unterdrückung der Uiguren in Xinjiang nur oberflächlich mit dem Massenmord an den Juden vergleichen. Das kommunistische Regime hat nichts gegen Minderheiten, sofern diese die Ziele des materiellen Fortschritts eines säkularen Staats und die Rolle der Partei als lenkende Instanz in diesem Prozess akzeptieren. Wenn sie dies tun, stehen ihnen dieselben Möglichkeiten des Aufstiegs wie den Han-Chinesen offen. Das entspricht ganz der klassischen Tradition des alten China, wo die bürokratische Elite der Literaten – von Voltaire als Philosophen bezeichnet – das Ziel eines Staates in der Erhaltung von Wohlstand und sozialem Frieden erblickten. Das dumme Volk hatte ein Recht auf materielle Wohlfahrt, aber es hatte den Mund zu halten, wenn die kluge Regierung aus gebildeten Literaten über die Verwirklichung dieses Zieles befand. Hitler hingegen sprach offen darüber, dass man die Juden erfinden müsse, wenn es sie nicht gebe. Er brauchte Feinde, auf die er Hass und Mordlust lenken konnte. Die Juden wurden selbst dann aus allen Ämtern gedrängt, wenn sie sich vollständig assimilierten. Ja, sie wurden gerade deswegen verfolgt, weil sie dann zum Teil erfolgreicher als die Deutschen waren.

Our 21st century word – fragile or already broke?

Comments on a book by Stefan Thurner: The Fragility of the World.

Part I – four types of non-fiction authors

The author of the book is a specialist in complex networks, which he analyzes at the Medical University of Vienna using Big Data. In this introduction, I take the liberty to see the author himself as part of a complex network in which he is not merely integrated but even trapped – just like any other non-fiction author. This network consists of a triad: that is, first, of the thing to be described, namely the totality of current crises; second, the author and third, the audience – the mutual relationship turns out to acquire a specific complexity. It is the third pillar, namely the audience that ultimately decides whether thoughts have any chance at all of reaching a wider public.

Although in Thurner’s book there is no mention of this complex triad – world, author and audience -, it seems to me appropriate and in keeping with his theory to make it the starting point for all further considerations. For this trinity produces four possible types of authors. First, the consistent doomsayer, whose chances of success with the large audience are almost zero; second, the crisis denier; third, the sycophant; and, fourth, the expert as savior in distress.

The doomsayer

Let us assume that our world is not only fragile, but already broke. In this case, it can no longer hope for a viable future as our economically induced environmental destruction and nuclear armament are leading into a dead end. An author who would formulate such a perspective without any ifs and buts, let alone a hint at possible salvation, would be rejected by any publisher as an unsaleable doomsayer. Publishers and agents know pretty well what people want to read and what not. The question of whether the author might be right in his pessimism is irrelevant from their point of view.

I know of only one book that dared to make such a damning analysis and yet was not only printed, but for a short time even widely circulated. It is the book of a very well-known, at the time even famous man in Germany, whom many admired for his cleverness, his encyclopedic knowledge, his eloquence and not least because of his German, which was by no means scientifically dry but on the contrary vivid and appealing. The author’s name is Hoimar von Ditfurth and his book is entitled „So let’s plant an apple tree – it’s time“. In retrospect, it may well be argued that it was the fame and reputation of the author that made the publication of this doomsday book possible in the first place. Von Ditfurth saw the world sliding into the abyss – inevitably and irrevocably. Indeed, he did so thirty-eight years ago (1985), when today’s multicrises were just emerging. Apart from forest dieback, the author’s overwhelming evidence and findings have not been refuted to this day, but his fame quickly faded after this book. The reason seems evident: an great admirer of technology and science had suddenly reconverted from Paul to Saul. For the the conclusion of his book was unambiguous and left no appeal: science and technology had not fulfilled their promises. They could no longer be regarded as messages of salvation. Instead of leading mankind to paradise, they are leading it directly to utter ruin.

This book by an uncompromising old age pessimist was to remain an exception in the German publishing landscape. Even disaster movies, which enjoy a certain popularity today, still leave a way of escape. Somewhere in intergalactic space, if not on Mars, a small number of scattered people succeed in founding a new Virginia – human history then begins anew, so to speak, and the viewer leaves the cinema with a sigh of relief and, despite everything, comforted.

The crisis denier

puts himself resolutely on the other side. If he succeeds in presenting his point of view in a reasonably plausible way, he can hope for great applause from the audience – above all, of course, from industry and other others responsible for the crisis. Any author who argues that there is in fact no crisis at all because today’s life is significantly safer, healthier and that the future is far less endangered than ever before in the history of mankind can hope for worldwide success, because this is the good news that most people and politicians want to hear.

The prime example of this denial is provided by Steven Pinker, undoubtedly one of the most intelligent contemporary authors, who with unquestionable brilliance defends the gospel of an ultimately victorious enlightenment represented by modern science and technology. Pinker is a layman in most of the areas about which he expounds with aplomb – he is a specialist only as a trained linguist – but that does not diminish his impact. That is because he meets the elementary need of large audiences to wrap the world in a rosy aura of hope. But that alone would not explain his worldwide success, as esotericists also work in this sense. His real strength and impact lies in the fact that he confirms mankind’s two-hundred-year-old belief in the constant and unstoppable progress of science and technology.

The sycophant

Crisis deniers have a hard time, of course, as soon as the thing itself – in this case our crisis-ridden reality – increasingly refuses any sugarcoating. The polar ice caps are melting, California and parts of Australia are being devastated by firestorms, ever larger parts of Africa become barren deserts, and storms of unprecedented violence are making the effects of the climate crisis visible even to the most stubborn deniers. In the end, the only way to continue painting the future on a background of gold is to violently distort the facts.

The sycophant takes a more sophisticated approach. That explains why he always finds admiring readers, not infrequently even millions of them. An author only needs to convincingly persuade us that we perform godlike feats, and immediately we shudder in silent awe of ourselves. Yuval Noah Harari is a master in the art of whipping us into a frenzy of self-admiration. There are critics who dismiss his incantations as blather and accuse him of superficiality.*1* But such objections do not diminish his popularity. Our intoxication remains even when Harari calls the big problems by their names. In his perspective, the Enlightenment remains what it claimed to be from the beginning, a doctrine of redemption and apotheosis that turns people into gods. It is this self-exaltation of Homo scientificus to a divine being – Homo Deus – that casts a spell over the profane reader. Like Pinker, Harari hardly ever speaks as an expert – originally, he was a historian of Renaissance military affairs – yet he has managed to occupy the role of acting high priest for the scientific age. He talks with aplomb about nearly everything – and the world listens to his words with rapt attention, because Harari absolves us in the name of the Enlightenment – that is, as long as we, like him, firmly believe in science and progress.

The expert as a savior in times of need

In contrast to the crisis deniers and audience sycophants, we are dealing in Thurner’s case with a genuine and rather modest expert who informs us about a field of research in which he himself is active working in a renowned institution, the university of Wien. This circumstance makes him interesting for a publisher, because the examining editor does not need to check the knowledge presented; the responsible institution guarantees respectability.

The knowledge of specialists does, of course not suffice to make a nonfiction author interesting for a publisher. If his views are too abstract, theoretical or even too pessimistic, the author’s thoughts will never reach beyond scientific journals and a handful of experts – the usual fate of the majority of all publishing scientists. The recipe for success with a broader audience includes a catchily written analysis and diagnosis of the existing problems. This can be done without whitewashing, provided the book ends with placating suggestions for therapy that should be new and surprising. Almost all well-known non-fiction authors work according to this tried-and-tested pattern. I immediately think of Erich Fromm (psychoanalysis), Fritjof Capra and Hans-Peter Dürr (physics), Ernst F. Schumacher, Herman Daly, Acemoglu (economics) and McGilchrist (neurology). Each of these authors promises us salvation based on their particular field of knowledge. With some of them it consists in a fundamental change of consciousness. This is true of non-fiction authors such as Fromm, Capra, Dürr or, more recently, McGilchrist. In contrast, authors such as Schumacher, Daly, Acemoglu, but also Thurner, call for certain targeted interventions in existing institutions.

We know that important findings in all fields of research contribute, each in its own way, to help societies cope with some of the problems they face. The proposed therapeutic interventions and reforms generally document real advances in theoretical as well as applied knowledge. But I dare say that, looking back at all the proposals so far, another finding may be equally generalized, namely, that all these promises and hopes far exceeded the measure of what was actually achieved by their means, and more than that, what at best could have been achieved.

Stefan Thurner’s book is typical of the genre of the expert as savior in that the author takes the same line. On the other hand, we have to give him credit for a high degree of honesty. It is true that he promises the reader in the very first pages that the analysis of Big Data within complex networks would help us to recognize crisis developments in good time and to control them through sensible management. He wants to convince us that Big Data research and technology when applied to the analysis of complex networks are finally providing us with a tool to detect and contain the undesirable effects of our financial, economic, social and political actions. Thurner thus remains true to the basic line that the problems caused by technology and science can only be solved by using even more of the same, that is technology and science. This kind of homeopathy – the method of fighting like with like – has been self-evident among almost all scientists for more than two hundred years.

But there is one quality that makes Thurner particularly sympathetic. He does not conceal the numerous and weighty objections and concerns that inevitably arise when we deal with Big Data. For my part, I would like to try generalizing  these objections. All our actual progress in the control of nature can be traced back to the fact that the latter behaves predictably – at least within certain limits. If an electric power plant or a cell phone doesn’t generally fail us, it’s because they are predictable machines, just as the spectacular advances in medicine can only be explained by the fact that humans, too, are to some extent machines whose defective parts we can detect, repair, or even replace.

The successes we achieve in this way are spectacular, but they should not blind us to the limitations of this progress. For example, mastering nuclear fission in a nuclear power plant works only as long as the latter is and remains a closed system. If an earthquake, as in Fukushima, or improper intervention, as in Chernobyl, transforms it into an open system, it abruptly becomes unpredictable and we lose control. Now let us turn to Stefan Thurner’s book. A critical reader will soon detect the same limits in his proposals. The promise of controlling complex networks only applies to closed systems and even to these only with the proviso of simplification. But we know that the economic, social and political systems surrounding us are never completely closed – being open, they elude predictability and the domination based on it. In fact, Stefan Thurner’s book proves that Big Data creates far more problems than it eliminates (quotes will appear in italics).

Part II – the Pardus-universe by Stefan Thurner

According to his own testimony, the author’s attention was drawn to the possibilities of analyzing complex networks by a student’s dissertation consisting of a computer game called “Pardus” which reproduces reality as faithfully as possible by having the players act as in real life. The difference: every single action of every single player is being recorded. In each development phase of this reality game, the game master is thus informed exactly in which direction the network is moving. In other words, the game master is what God once used to be, a superior being known every thought and action of his subjects. The game master recognizes contradictory tendencies before they will cause social, financial or economic tensions. Since networks are complex structures in which undesirable developments can build up to tipping points that ultimately cause the collapse of the system, the prognostic value of such monitoring systems seems obvious. This is the positive vision which the author holds before our eyes again and again: The Pardus-universe proves that complexity in social systems can be controlled.

Incidentally, Stefan Thurner leaves no doubt that the computer game Pardus is already being successfully applied albeit for purposes that have been proven to be less than commendable. The global data monopolists include the usual suspects, namely companies like Amazon, Google, Microsoft, Facebook, as well as intelligence agencies and cyber departments in the world’s defense ministries. They own user data on an immense scale and normally don’t let anyone else know what information is known about whom and how it is used. And his understandable conclusion is that a complete digital copy of the planet, comparable to that of the Pardus world, poses… huge dangers for massive manipulation.

I amazed, however, that in this listing of a brave new world, in which every action of the citizen and – if possible – even his every thought is registered by a mastermind, the most obvious example is conspicuously missing. In the People’s Republic of China, Pardus is currently being executed on one-fifth of humanity – according to the very specifications that information scientist Stefan Thurner declares to be his scientific goal. Pardus is the first world with a complete digital copy. Everything, the entire history of the Pardus universe, is written down – down to the smallest detail. Every movement, every action, every change, every interaction between avatars, everything is archived.Indeed, this is the very model that is currently being applied in China. By comprehensively logging the daily life of every Chinese in traffic, consumption, exchange of thoughts  either via the Internet or the telephone, or people’s changes of location, etc., the Chinese leadership wants to prevent exactly what Thurner sees as the real danger of complex networks. The misbehavior of individual citizens could add up and trigger tipping points that throw the system off balance or even lead to its collapse. Such events would destroy the goal of development as defined by the regime in Beijing. It is to make the Chinese state economically, politically and socially the most solid and powerful on the globe – a classic goal of any great power. This goal has already been nearly achieved more successfully and in less time – merely four decades – than anywhere else in the world.

It is therefore hardly understandable that Thurner overlooks this outstanding example for the application of the Pardus game as well as the fact that it is carried out in the name of science. The totalitarian surveillance of the citizens is practiced with the declared goal of realizing stability and material progress for the entire population of China in the fastest possible way and with the greatest efficiency. Anyone following developments in China can’t help but notice the overwhelming belief in, or even enthusiasm for, science. In Thurner’s book there is a lot of talk about China, but throughout in a negative sense. We suspect that he doesn’t want the reader to notice the fact that it is communist and totalitarian China that has long since put the computer game Pardus into practice.

Nor is it true when Thurner claims that this restriction of freedom… such as surveillance networks… does not /exist/ in Western civil society. As he himself concedes elsewhere, it is practiced just as extensively in Western societies by large corporations such as Apple, Amazon, Facebook, Google, Twitter, etc. They exercise private control over citizens, whereas in China control is in the hands of the state. Even before the rise of the Internet and Artificial Intelligence, private Western companies have been practicing comprehensive control of their employees. China as a whole behaves like a huge corporation, where everyone is sworn in to the goals of the management (the Chinese Politburo).

Even though Thurner underplays the fact, the resounding success of the Chinese Pardus system certainly proves the author of The Fragility of the World right. He does not even need to demonstrate to us that on a small scale certain subsystems can already be successfully stabilized, e.g. the financial system. With the understanding of the financial system as a complex, dynamic network system, its stabilization becomes a technical problem – with technical solutions. China is showing the world in many different areas how to conceive of the state as an automaton, where – so it might seem – all problems can then be solved in a purely technical way, at least as long as the state succeeds in forcing its citizens to place their actions (and, if possible, even their thoughts) entirely at the service of the goals set by the regime.

In fact, Thurner always thinks of China, even if it is taboo for him to declare it a world-historical proof of an applied Pardus game. For he cannot close his eyes to the success of this country. For example, it was able to raise the percentage of the population that has health insurance from ten percent in 2004 to 95 percent in 2016. China has also been able to make extreme progress in the fight against poverty… Market economy and industry seem to function smoothly even in dictatorships. I would add that there they even function particularly well as all factors that endanger their efficiency may be eliminated with scientific methodology.*2*

This success does, however, presuppose a closed system – because only under this condition do the parameters remain predictable. We saw that this proviso is not guaranteed even for systems as manageable as nuclear power plants. As in Fukushima or Chernobyl, an earthquake or human error can lead to unpredictable catastrophes. To a far greater extent, of course, this is true of human societies as a whole, as Thurner himself acknowledges when he says that the underlying complexity of /western civil society/ is scientifically indescribable at present.

But the limits of the Pardus game, and thus of scientific analysis and the control of reality, are not merely the result of complexity – China is a highly complex society like any other, yet this country demonstrates scientific analysis and control in terms of progress and stability (at the expense of freedom) better than any other. Complexity – even that of complex networks – can apparently be controlled. Only one thing will always elude this control: the fact that all natural systems are open and therefore never completely predictable.

China too had to learn this in the meantime. In its fight against the Corona pandemic, this country strictly adhered to the guidelines of science, i.e. the advice of leading experts. The temporary quarantine of large numbers of people gave this country two years of resounding success. In this country of more than one billion people, the number of infected persons was close to zero while in the United States nearly one hundred million died in the same period. But then the unexpected happened. A far more contagious variant of the virus made it impossible to continue the policy of containment – it would have been necessary to quarantine virtually the entire country and risk a total collapse of the economy. Again, it was the scientific experts who recommended a radical change, but this change had serious consequences. Overnight, so to speak, the health care system is suddenly utterly overloaded – now it is China that is likely to suffer the death of millions of people. Like earthquakes, human error, or even unpredictable human needs (e.g., for freedom), the virus represents that portion of the unpredictable that comes with any open system.

The existence of each individual human being as well as that of entire economic, financial, social and political systems usually remains controllable – at least within certain limits. This circumstance explains why every single one of us has developed his or her own survival strategy and why mankind as a whole has succeeded in this so well that from isolated hunter-gatherers eight billions of the most successful living species could emerge. But the openness of every natural system and the fact that it is therefore never completely predictable is demonstrated to us vividly just at the present time. No one foresaw two hundred years ago that it would be our very success in the multiplication of material wealth through the use of fossil fuels that now threatens to overheat our globe and destroy human life. The poisoning of the environment by CO2 together with a thousand other residues of the raw materials processed by modern industries could simply not be foreseen. We proceeded in a scientific way thereby realizing that overwhelming progress that tempts authors like Yuval Noah Harari to rave about Homo Deus. But our calculations did not mention the toxins and the devastating effects caused by them – this was to be the open flank of modern industrial society.

Stefan Thurner is not blind to this fact. For him, this is one more reason to propagate analysis with the help of Big Data. After all, this would make it possible to comprehensively control the process of global warming in order to detect dangerous tipping points in time and avoid system collapse. But Thurner is enough of a realist to reject radical cures, because they would only replace the evils of global warming with others – equally drastic in the short term. We simply don’t want that while we protect ecological networks, economic and social /networks/ collapse and mass unemployment, social unrest, poverty and political chaos would be the foreseeable consequences… If we suddenly turned off the energy tap, it would be like cutting off the air to our society.

But if radical cures seem unfeasible, might it not be that we no longer have any chance at all to still avoid the overheating of the planet? Thurner proves his honesty when he admits that, according to leading experts, the right time for successful intervention has already been missed, because reaching the target (of two degrees) is no longer possible at all, according to Hans Joachim Schellnhuber, founder and former head of the Potsdam Institute for Climate Impact Research (PIK). And once we’re at two degrees, we’ll soon be at four degrees through a series of feedback loops, he estimates. John Rockström, another expert at the Potsdam Institute for Climate Impact Research, foresees consequences for our species that, I would like to add, would be far more drastic than even the most terrible wars. „With a world four degrees warmer, it’s hard to see how we can fit a billion people, or even half that number, in it,“ he said. Will Steffen, renowned climate scientist and IPCC collaborator, sums up his findings in one sentence: „The most likely scenario at present is collapse.“

What therapy does Thurner’s book promise for achieving a rapid phase-out of CO2 emissions? His prescription is as follows: First, the formulation of planetary rights. Second, the commitment of large segments of the population to these rights, and third, the creation of an executive power – an institution – to monitor compliance with planetary rights.

Three points in this list of measures correspond to the usual commitments made at climate conferences, which have had no effect so far and are unlikely to do so in the future. A single point – the same one I repeat mantra-like in all my work, namely the creation of an executive power, had already been demanded by the historian Arnold Toynbee. It could provide effective remedy. But Toynbee also knew that the partial renunciation of national sovereignty, which is a necessary condition for the creation of such a global executive, will not take place voluntarily but at best after mankind has suffered a more or less great catastrophe – we know that the European Union too was the result of the catastrophe of two devastating fratricidal wars.

1 In his book „Ship of Fools“, British anthropologist Christopher Hallpike does not mince his words.

2 Thurner, as I said, is of course aware of the objection that China will immediately impose itself on any critical reader of his book as an embodied real-world application of the Pardus game. To eliminate this association as much as possible, he compares the communist regime several times with the totalitarian Hitler dictatorship – in my opinion quite wrongly. Just to mention one misleading parallel, the bloody oppression of the Uyghurs in Xinjiang can only be superficially compared to the mass murder of the Jews. The communist regime has nothing against minorities, provided they accept the goals of material progress of a secular state and the role of the party as the guiding authority in this process. If they do, the same opportunities for advancement are open to them as to the Han Chinese. This is entirely in keeping with the classical tradition of ancient China, where the bureaucratic elite of literati – called philosophers by Voltaire – saw the goal of a state in the preservation of prosperity and social peace. The unlearned masses had a right to material welfare, but they had to keep their mouths shut when the government of educated literati decided for them how this goal should be realized. Hitler, on the other hand, spoke openly about the need to invent the Jews if they did not exist. He needed enemies towards whom he could direct hatred and murderous instincts. The Jews were pushed out of all offices even when they assimilated completely. Yes, they were persecuted precisely because many of them were more successful than the Germans themselves.