Die Monetative – sind Banken kriminell?

(auch erschienen in: fbkfinanzwirtschaft und "scharf-links")

Wer das Hauptübel unserer Zeit in der Konzentration von ökonomischer und damit letztlich auch politischer Macht in wenigen Händen sieht, der neigt zur Skepsis gegenüber den Heilsversprechen jener Gurus, die mit einigen technischen Modifikationen, zum Beispiel im Geldbereich, gewaltige Wirkungen erzielen wollen. Das gilt etwa für die vor mehr als einem halben Jahrhundert vom US-amerikanischen Ökonomen Irving Fisher vorgeschlagene Reform des Geldsystems: 100% Money, die heute unter dem Titel „Monetative“ zunehmend Aufsehen erregt. Ihr Sex Appeal besteht zweifellos darin, dass sie eine einfache und scheinbar einleuchtende Erklärung für die gegenwärtige Krise bietet: Die Banken sind kriminell!

Nun wird kaum jemand leugnen, dass Goldman Sachs, die großen Investmentbanken oder auch Schattenbanken und bankenähnliche Institutionen wie Hedgefonds zum Teil Aktivitäten von offenkundiger Illegalität betreiben. Hier also ist die Antwort auf die obige Frage ganz eindeutig: Ja, diese Banken sind kriminell, und vermutlich haben wir bisher erst die Spitze des Eisbergs einer global verbreiteten Kriminalität in den Blick bekommen.

Die Geschäftsbanken sind hartnäckige Leugner

Doch das ist nicht das Thema der Initiative für 100% Money – auch wenn sie natürlich von dem allgemeinen Abscheu gegen verbrecherische Aktivitäten im Geldsektor profitiert. Diese Initiative zielt ungleich tiefer: Sie behauptet nicht mehr und nicht weniger, als dass auch die vermeintlich so braven Geschäftsbanken, die ebenso wie die Deutsche Bundesbank der Mehrheit der Bevölkerung noch bis zu Beginn des neuen Jahrhunderts als Hort des Biedersinns und der Verlässlichkeit galten, in Wirklichkeit durchseucht seien von krimineller Tätigkeit und Energie. Hier, im scheinbar so honorigen Bereich einer privaten Geschäftsbank irgendwo auf dem Lande – letztlich in jeder Geschäftsbank – liege die Wurzel des Übels, und sie habe da schon zu einer Zeit gelegen, als niemand von einer Krise ahnte und besonders die Deutschen auf ihr funktionierendes Bankensystem besonderen Stolz empfanden. Denn diese Banken hätten schon damals auf hinterlistige Weise für sich usurpiert, was eigentlich nur die Notenbank darf: Sie schöpften in einem fort Geld aus dem Nichts.

Nur Fishers Theorie setzt kriminelles Verhalten voraus

Teilweise tun sie dies durchaus legal, denn die sogenannte „Multiple Kreditgeldschöpfung“, die selbst von Größen der ökonomischen Zunft immer noch als orthodoxe Lehre vertreten wird, scheint ihnen das geradezu aufzwingen. (1) Aber von dieser Variante angeblicher Geldschöpfung aus dem Nichts ist in Fishers Buch keine Rede. Hier wird vielmehr von der Existenz einer ganz anderen Art Pseudogeldschöpfung geredet – und diese ist eindeutig kriminell.

Florentinische Goldschmiede

Als Beispiel diente schon Fisher das Vorgehen mittelalterlicher italienischer Goldschmiede. (S. 20, 28, analog die Aussagen auf S. 30, 34, 101) Für das Gold, das diese für ihre Kunden im Tresor verwahrten, hätten die Kaufleute Zertifikate ausgegeben und dabei festgestellt, dass die Kunden, die diese Zertifikate schon bald darauf als bequeme Zahlungsmittel gebrauchten, statistisch gesehen, immer nur einen kleinen Teil, sagen wir 10%, dieser Scheine wieder zurück in Gold einlösten. Dieser Umstand brachte die pfiffigen Goldschmiede auf einen nahe liegenden Gedanken. Sie brachten ungedeckte Zertifikate im Umlauf, die sie sich Waren und Dienstleistungen bezahlen ließen. Das brachte ihnen einen ungeheuren Profit. Dabei konnten sie genau soweit gehen, bis gerade ein Zehntel des Pseudogeldes durch Gold tatsächlich gedeckt war, denn nur dieses Zehntel wurde ja, statistisch gesehen, tatsächlich wieder gegen die Scheine zurückgefordert. Mit anderen Worten, sie erzeugten eine gewaltige Menge an Falschgeld, weil 90 Prozent dieses Geldes betrügerisch aus dem Nichts geschöpft waren. (2)

Ob dieses Beispiel historisch richtig ist oder nicht, braucht uns hier nicht zu beschäftigen. Wichtig ist allein die Tatsache, dass es regelmäßig zur Begründung der Falschgelderzeugung verwendet wird.

Dieses Beispiel wird auf moderne Geschäftsbanken übertragen

Denn moderne Geschäftsbanken gehen nach Meinung Fishers und der 100%-Money-Gemeinde nicht anders vor. Auf der Grundlage eines kleinen Prozentsatzes von echtem Geld schöpfen sie Unmengen von Falschgeld aus dem Nichts. Ihre kriminelle Tätigkeit sei bis heute endemisch und wiege bei weitem schwerer als die der großen vielfach angeprangerten Institutionen wie Investmentbanken, Hedgefonds etc.. Diese konnte man in der Krise immerhin überführen, und sie mussten ihre Verbrechen eingestehen. Leiter und Mitarbeiter der scheinbar so honorigen kommerziellen Banken aber haben sich aufs Leugnen verlegt. Stur behaupten sie, von einer solchen Geldschöpfung aus dem Nichts nicht einmal zu wissen! Mit anderen Worten, das gesamte private Geschäftsbankensystem hat sich gegen die Wahrheit verschworen!

Wir haben es mit einer Verschwörungstheorie zu tun

Es ist wichtig, diesen Umstand gleich zu Anfang zu betonen. Im Gegensatz zur vergleichsweise harmlosen Theorie der „Multiplen Kreditgeldschöpfung“ setzt die auf Fishers 100% Money aufbauende Lehre der Monetative kriminelles Verhalten voraus, so dass die Behauptung, dieses sei allgemein verbreitet, sich zwangsläufig als Verschwörungstheorie manifestiert. Ihrem Erfolg tut dies allerdings keinen Abbruch, im Gegenteil. Seitdem sich nun auch noch zwei Wissenschaftler des IWF in einem kürzlich erschienenen Artikel zu ihr bekennen, (3) hat diese Doktrin es bis in führende deutsche und österreichische Medien geschafft: in die „Zeit“, den Wiener „Standard“, die „Süddeutsche Zeitung“, den „Spiegel“ und das „Handelsblatt“. (4)

Die Verheißung

Es ist das Kennzeichen aller Verschwörungsfabeln, dass sie einerseits eine genaue Vorstellung vom Ursprung des Übels haben, auf der anderen Seite aber auch ein Heilsversprechen abgeben, wie man das Übel erfolgreich bekämpft. Das gilt auch für die Monetative. Der Staat soll die Versorgung der Wirtschaft mit Geld ganz in die eigenen Hände nehmen – eben in die einer Monetative (der Begriff stammt nicht von Irving Fisher, sondern geht auf Bernd Senf zurück) -, damit Privatbanken nicht länger ihrer kriminellen Tätigkeit, der Erzeugung von Buchgeld, frönen. Sei dies einmal gelungen – und der Weg hierzu wird als ziemlich einfach beschrieben – dann werde es in Zukunft weder Inflation noch Deflation, weder Boom noch Bust und natürlich auch keinen Run auf die Banken geben. Es klingt nach endgültiger Erlösung von allen Übeln des Kapitalismus, denn der Run auf die Banken und der dadurch bewirkte Kollaps des Systems wurde von jeher als eine Art jüngster Tag: der Tag der Abrechnung mit dem kapitalistischen Unrechtssystem gesehen.

Ich werde mich in dieser Kritik hauptsächlich auf die Gedanken von Irving Fisher beziehen, wie sie in seiner Schrift 100% Money formuliert worden sind, weil diese den Grundstein für alle neueren bilden. (5) Also nicht auf die früheren Ansätze von Henry Simons und die späteren von Bernd Senf, Joseph Huber. Ebenso wenig gehe ich auf die beiden oben genannten IWF-Wissenschaftler ein, die durch ihr Eintreten für diese Gedanken ihnen auch Eingang in führende deutsche Medien verschafften. Ich werde zunächst das heutige und anschließend das von Fisher entworfene neue Bankensystem entwerfen, und zwar unter den folgenden sechs Titeln:

1) Wie funktioniert das heutige Bankensystem?

Die Geschäftsbank als Wertpapier-, Spar- und Giralbank

2) Wie funktioniert das neue Bankensystem gemäß Irving Fisher?

Die Geschäftsbank als Wertpapier-, Spar- und Giralbank

3) Kriminelle Geldschöpfung – die Kernidee Fishers und der Monetative

4) Die Fakten: Wie gehen Geschäftsbanken tatsächlich vor?

5) Wozu sind sie theoretisch imstande?

6) Konklusion

1) Wie funktioniert das heutige Bankensystem?

Die private Geschäftsbank nimmt drei Funktionen wahr, die auch institutionell streng voneinander getrennt werden könnten: Wenn dies geschähe, würde man sie in Wertpapier-, Spar- und Giralbanken zerlegen. Diese funktionale Trennung ist wichtig, um zunächst einmal die Frage zu stellen, in welcher der drei Funktionen die Geschäftsbank überhaupt von einem Run auf die Banken betroffen ist.

a) Die Geschäfts- als Wertpapierbank

in dieser Eigenschaft dürfen einige Geschäftsbanken vom Staat und von privaten Akteuren wertbeständige (erstklassige) Wertpapiere entgegennehmen, um beide im Gegenzug mit Notenbankgeld zu versorgen. Sie handeln dabei im Auftrag und unter Aufsicht der Notenbank, die diese Funktion auch selbst, also ohne den Umweg über die Geschäftsbank, wahrnehmen könnte. Entscheidend ist allerdings nicht, ob diese Funktion von der Notenbank selbst oder in deren Auftrag stellvertretend von den Geschäftsbanken ausgeführt wird, sondern ob es sich bei dieser Transaktion wirklich um wertbeständige Papiere handelt. Seit einiger Zeit ist das nicht mehr der Fall. FED und EZB nehmen schlechte bis potentiell wertlose Wertpapiere entgegen (z.B. griechische Staatsanleihen, die bei Fälligkeit so gut wie unverkäuflich sein könnten) und erzeugen so Willkürgeld und auf Dauer Inflation. Hier drängt sich der Verdacht auf illegales Verhalten auf. Sie handeln also tatsächlich wie jene Goldschmiede des Mittelalters, wenn diese ungedecktes Geld in Umlauf brachten.

Es ist jedoch festzustellen, dass ein Run auf eine Geschäftsbank in ihrer Eigenschaft als Wertpapierbank ebenso wenig Sinn ergibt wie ein Run auf die Notenbank selbst.

b) Die Geschäftsbank qua Sparbank

Auch hier kommt ein Run kaum in Frage. Wer sein Geld auf zehn Jahre verleiht, weiß, dass er es erst nach zehn Jahren zurückerhält. Sparbanken verleihen das Geld der Sparer (Anleger) oder eigenes Kapital an private Haushalte, Unternehmen und an den Staat. In letzterem Fall leiten sie zinsträchtige Staatsobligationen an die Sparer weiter. Gewiss, Sparbanken können leichtsinnig operieren, indem sie das Geld der Anleger an windige Kreditnehmer verleihen und dabei keine hinreichenden (wertbeständigen) Sicherheiten verlangen. Dann kommt es zu faulen Krediten. Schlechtes Geschäftsgebaren findet man aber bei sämtlichen Unternehmen, nicht nur bei Banken.

c) als Giralbank (mit Überweisungsfunktion)

In ihrer Funktion als Giralbanken nehmen private Geschäftsbanken Tageseinlagen (d.h. jederzeit abrufbare Einlagen) entgegen. Den größten Teil dieser Einlagen pflegen Geschäftsbanken als kurzfristige Kredite auszuleihen. Dabei gehen sie von der statistisch begründeten Regel aus, dass die an beliebigen Tagen von ihren Kunden abgerufene Menge nur einen Bruchteil, z.B. nur ein Zehntel, der gesamten Einlagen beträgt. Neun Zehntel brauchen sie daher als Bargeld nicht vorzuhalten, sondern vergeben sie als Kredit, weil sie ja nicht an ruhendem, sondern ausschließlich an verliehenem Geld verdienen.

In einer Situation der Panik verliert die statistische Regel allerdings ihre Geltung. Es kommt dann zu dem gefürchteten Run auf die Bank. Jeder will, ehe es zu spät ist, sein eigenes Geld abholen, zumindest jenes auf der Bank tatsächlich vorhandene Zehntel (um bei der Zahl des obigen Beispiels zu bleiben). Wenn die Geschäftsbank in einer derartigen Situation nicht bankrott gehen soll, muss ihr die Notenbank als „lender of last resort“ die übrigen neun Zehntel als kurzfristigen Kredit zur Verfügung stellen – was sie gewöhnlich auch tut, falls die Geschäftsbank im übrigen seriöse Geschäfte betrieben hatte, also nicht zusätzlich eine so große Zahl fauler Kredite in ihren Büchern führt, dass sie ohnehin dem Bankrott entgegen trieb.

Die neue Interpretation bei Irving Fisher

Bei diesem Verständnis einer Giralbank – einer privaten Geschäftsbank in ihrer Eigenschaft als Depot für Tageseinlagen – ist von einer eigenen Geldschöpfung keine Rede. Seit Irving Fisher kommt jedoch genau an diesem Punkt eine substantiell abweichende Auffassung ins Spiel. Demnach geht die Giralbank in krimineller Absicht wesentlich anders vor. Sie geht nämlich so vor wie die Goldschmiede des Mittelalters im oben genannten Beispiel. Die jederzeit abrufbaren Einlagen in ihrer Gesamtheit betrachtet sie als „Mindestreserve“, die sie in ihren Tresoren verwahrt, um auf dieser Grundlage zehn mal so viel fiktives Buchgeld als reine Ziffern aus dem Nichts zu zaubern. (Fisher, S. 30, 34, 101). Diesen zehnmal größeren Betrag an nicht-existentem Falschgeld verleiht sie anschließend an Kreditnehmer und verdient daran dann genauso wie an tatsächlichem Geld.

Mit diesem Verstoß gegen die Legalität tritt die private Geschäftsbank nicht nur in Konkurrenz zur Notenbank als einzig zur Geldschöpfung legitimierter Instanz, sondern übertrifft deren Tätigkeit quantitativ sogar um ein Vielfaches. Fishers Theorie zufolge schleust die private Geschäftsbank gleich auf zweifache Art Geld in die Wirtschaft. Einmal, weil sie in ihrer Funktion als Wertpapierbank im Auftrag der Notenbank und gegen entsprechende Sicherheiten auf durchaus legale Weise echtes Geld in die Wirtschaft bringt. Das zweite Mal, weil sie in ihrer Eigenschaft als Giralbank auf kriminelle Weise Unmengen an fiktivem Geld aus dem Nichts hervorzaubert, um dieses Nichts dann für den eigenen Profit zu versilbern.

2) Wie funktioniert das neue Bankensystem gemäß Irving Fisher

Fisher kennt den Begriff der „Monetative“ nicht. Er spricht stattdessen von einer vom Staat eingesetzten „Currency Commission“ (Währungskommission). Im neuen System werden die drei Funktionen einer Geschäftsbank zum Teil grundlegend modifiziert.

a) Die Geschäfts- qua Wertpapierbank

Diese Funktion wird im neuen System völlig aus der Geschäftsbank ausgegliedert und stattdessen in einer einzigen staatlichen Wertpapierbank (eben der Currency Commission) zusammengefasst. Über die ihm unterstellte Notenpresse versorgt der Staat jetzt sich selbst und die Wirtschaft unmittelbar – also ohne das Dazwischentreten der Geschäftsbanken – mit Geld.

Hier fließen zwei im alten System sorgfältig getrennte Funktionen zusammen:

a) die Funktion der Vorsorgung der Wirtschaft mit Geld, wann immer das aufgrund steigender volkswirtschaftlicher Leistung nötig erscheint, und

b) die Finanzierung von Staatsschulden.

Im alten System konnten private Wirtschaftsakteure bei Geschäftsbanken erstklassige Wertpapiere hinterlegen, um dafür Notenbankgeld zu erhalten. Eine Steuerungsgebühr (sogenannter Leitzins) sorgte zusätzlich dafür, dass bei schrumpfender Wirtschaft dieser Prozess ebenso in umgekehrter Richtung erfolgen konnte: Die wertbeständigen Papiere gingen in diesem Fall wieder an die privaten Akteure zurück, während das von der Notenbank (über die Geschäftsbanken emittierte) Geld im Gegenzug wieder von der Notenbank absorbiert worden ist. So wurde die Menge des umlaufenden Geldes geregelt, um Preisstabilität zu sichern. Denn ein Zuviel an umlaufendem Geld bewirkt – ceteris paribus – Inflation, ein Zuwenig hat deflationäre Folgen.

Irving Fisher wurde von Silvio Gesell beeinflusst

Irving Fisher kannte und schätzte die Ideen von Silvio Gesell. Dieser hatte für die Versorgung der Wirtschaft mit Notenbankgeld eine andere Lösung vorgeschlagen. Bei zunehmender volkswirtschaftlicher Leistung sollte ein staatliches „Währungsamt“ (eine Parallele zu „Monetative“ und zu Fishers „Währungskommission“) frisch gedrucktes Notenbankgeld dem Staat überlassen, der den Bürgern dann Steuern im gleichen Umfang erlässt. (6) Umgekehrt sollte bei abnehmender Wirtschaftsleistung ein entsprechender Teil der Steuern vom Staat nicht ausgegeben, sondern im Schredder vernichtet werden. Alles zusätzliche Geld, das bei wachsender Wirtschaftsleistung benötigt wird, fließt also nicht länger in private Hände, sondern in die Kassen des Staates. Das ist eine vortreffliche Idee, die allerdings ebenso wie das jetzige Verfahren einen prozyklischen Effekt hat. In Zeiten des Aufschwungs profitieren Staat und Bürger, in Zeiten des Abschwungs geht es beiden schlechter.

Die Staatsschulden

Alles was die Notenpresse über den Geldbedarf einer wachsenden Wirtschaft hinaus an Notenbankgeld in die Wirtschaft schleust, wirkt demnach per definitionem inflationär. Natürlich auch alles Geld, das die Monetative dem Staat für zusätzliche Ausgaben (Staatsschulden) zur Verfügung stellt.

Wenn der Staat sich daher das Geld für seine zusätzlichen Ausgaben bei der Notenpresse als zinslose Darlehen beschafft (Fisher, S. 16) und auf diese Art mittels der ihm unterstellten Druckerpresse Geld an sich selbst verleiht, muss er sich dazu verpflichten, dieses Geld in der Folge von seinen Bürgern als Steuer einzutreiben. Täte er das nicht, dann würde er die Geldmenge einfach nach Belieben inflationieren. Im alten System war dies nicht der Fall. Der Staat bezog die von ihm benötigten Summen aus der Wirtschaft selbst, nämlich von jenen Reichen, die gern bereit waren, es ihm gegen Zinsen zu leihen. Anschließend zog er es dann wieder mit Steuern aus der Wirtschaft heraus, um die reichen Gläubiger zu bezahlen.

Umverteilung von unten nach oben

Wichtig ist: Im neuen ebenso wie im alten System muss der Staat, will er das Geld der Bürger nicht schlicht durch Inflation entwerten, alles von ihm im Wege der Staatsverschuldung aufgenommene und anschließend für seine Zwecke ausgegebene Geld später durch Besteuerung wieder aus ihr entfernen. Im alten System wurde die soziale Umverteilung von unten nach oben auf diese Weise deutlich gefördert. Der Staat kommt wieder einmal mit den laufenden Steuereinnahmen nicht aus. Deshalb leiht er sich von den Reichen, denen er das entliehene Kapital Jahre später zuzüglich der dafür fälligen Zinsen zurückerstattet. Beides kassiert er dann in Gestalt von Steuern in erster Linie beim Mittelstand – die wirklich Reichen wissen sich bis heute legal oder illegal gegen Steuern sehr erfolgreich zu wehren.

Hier liegt das eigentliche Problem. Eine sozial verträgliche Art, das Problem der Staatsverschuldung zu lösen, kann nicht darin bestehen, dass der Staat von einer reichen Minderheit leiht, um sie durch das um Zinsen vermehrte Kapital nur noch reicher zu machen, sondern dass er dieses Geld auch und gerade von ihnen in Gestalt von Steuern kassiert.

Wie und wen besteuert der Staat?

Welche Änderung wird nun dadurch erreicht, dass man die Ausgabe von Staatsschulden den Geschäftsbanken nimmt und sie in die Hände des Staates legt? Wir sagten schon: In beiden Fällen muss der Staat alles über den Anstieg der volkswirtschaftlichen Leistung hinaus in die Wirtschaft geschleuste Geld, anschließend wieder mit Steuern aus ihr entfernen, um die Geldmenge nicht weiter und weiter aufzublähen. Wird diese Situation dadurch besser, dass er im neuen System Geld an sich selbst verleiht? Das muss durchaus nicht der Fall sein. Alles hängt nämlich davon ab, wie und wen der Staat besteuert. Die Monetative, als eine die Staatsschulden finanzierende Instanz, ist nur dann eine erwägenswerte Idee, wenn dieser Punkt vorher geklärt wird – anders gesagt, wenn man die Besteuerung der großen Vermögen ins Auge fasst.

Eine Monetative könnte auch brandgefährlich sein

Andernfalls könnte sich der Vorschlag von Irving Fisher als brandgefährlich erweisen. Ich vermag nämlich nicht einzusehen, was einen Staat und unsere Politiker, die ja im neuen System zu Herren der Druckerpresse aufrücken, ernstlich davon abhalten könnte, im eigenen Auftrag einfach beliebig viel Notenbankgeld zu kreieren und an sich selbst zu verleihen, zur gleichen Zeit aber auch den Bürgern eine weitere Wohltat zu erweisen, indem sie diese mit Steuern verschonen (derartige Versprechen pflegen jedenfalls im Programm jeder Partei zu stehen). Statt sie zu besteuern (vor allem die Reichen, die sich dagegen immer am heftigsten und erfolgreichsten wehren), drucken sie unbekümmert Geld für den Staatsbedarf und entwerten das Geld. Da sich die Vermögenden durch Flucht in Sachwerte auf einfache Art vor Inflationen schützen, werden dadurch im Endeffekt vor allem Armen geschädigt. Der Vorteil, dass der Staat im neuen System zinslose Darlehen erhält, könnte durch diesen Nachteil weit in den Schatten rücken.

Die Unabhängigkeit der Notenbank vom Staat ist eine große Errungenschaft!

Man vergesse nicht: Staatsschulden entstehen, weil eine Regierung mehr ausgeben möchte, als sie auf dem Weg des regulären Steueraufkommens als Einnahmen bezieht. Bisher lockte sie die Reichen, damit diese ihr mit Krediten helfen. Sie leihen dem Staat gern gegen Zinsen, weil sie ja wissen, dass er nicht den Mut aufbringt, es ihnen im Sinne des Gemeinwohls in Form von Steuern zu nehmen. Und nun soll er diesen Mut im neuen System auf einmal besitzen? Diese Annahme halte ich für reichlich kühn. Das Gegenteil ist leider sehr viel wahrscheinlicher: Da der Staat nun über die Druckerpresse verfügt, wird er es allen recht machen wollen. Er fordert die von ihm abhängige Monetative zum Gelddrucken auf und setzt gleichzeitig die Steuern herab. Die Inflation tritt ja immer erst mit einiger Verspätung ein.

Institutioneller Anreiz zur Misswirtschaft

In Deutschland und vielen anderen Staaten hat man diese Gefahr der Manipulation der Druckerpresse durch die herrschende Macht absichtlich dadurch gebannt, dass man die Notenbank (Bundesbank) zu einer politisch unabhängigen Institution erhob und ihr den Auftrag gab, die Preisstabilität zu erhalten. Eine Finanzierung der Staatsschuldung durch die Notenbank war damit ausgeschlossen. Wie sich inzwischen zeigt, ist die EZB weit abhängiger von politischem Druck – offensichtlich nicht zum Vorteil des Geldsystems. Eine Monetative, die sich gemäß dem Vorschlag Gesells darauf beschränkt, ihrer volkswirtschaftlichen Leistung entsprechend die Versorgung der Wirtschaft mit Notenbankgeld zu sichern, halte ich für eine hervorragende Idee, eine Monetative, welche Staatsschulden finanziert, nicht nur für bedenklich, sondern für einen institutionellen Anreiz zur Misswirtschaft.

b) Die Geschäfts- qua Sparbank

soll im neuen System weitgehend unverändert bleiben (Fisher, S. 16, 63). Nach wie vor funktioniert sie als vermittelnde Agentur zwischen Sparern, von denen sie Bargeld erhält, und Kreditnehmern, an die sie dieses Bargeld verleiht. Hier ist keine Rede von einer Geldschöpfung aus dem Nichts! Wenn er von Geschäfts- in ihrer Funktion als Sparbanken spricht, folgt Fisher uneingeschränkt der empirischen Evidenz und dem gesunden Menschenverstand. Sparer reichen ihr Geld mit Hilfe einer Geschäftsbank an Kreditnehmer weiter. „Sowohl im 10%- [d.h. im traditionellen System] als auch im 100%-System sind Ersparnisse die Hauptquelle für Kreditvergaben…“ (Fisher, S. 64).

Fisher weicht allerdings von seinen eigenen theoretischen Voraussetzungen ab, wenn er über die Sparbanken spricht. Faktenkenntnis und gesunder Menschenverstand hindern ihn an äußerster Folgerichtigkeit. Das gilt nicht für seine Nachfolger, die sich in vollständiger Missachtung von Logik und empirischer Evidenz zu der Behauptung versteigen, dass Geschäfts- auch in ihrer Funktion als Sparbanken nahezu alle Kredite aus dem Nichts schöpfen würden. Darauf komme ich weiter unten unter der Überschrift „Kriminelle Geldschöpfung – die Kernidee Fishers und der Monetative“ zu sprechen.

In einer Hinsicht unterscheidet sich die neue Sparbank sich dennoch deutlich von ihrem Vorgänger im alten System. Sie darf kein Geld mehr an den Staat verleihen – oder besser gesagt, diese Funktion soll nicht länger benötigt werden.

c) Die Geschäfts- qua Giralbank

von einem temporären Depot mit zusätzlicher Kreditfunktion im alten System mutiert sie im neuen zum simplen Schließfach. Alle jederzeit abrufbaren Einlagen werden von Kunden in bar eingezahlt, bleiben in bar auf der Bank und können deshalb auch jederzeit in bar abgehoben werden.

Ein Run auf die Banken ist damit prinzipiell ausgeschlossen

Dies ist ein gewaltiger Vorteil des neuen Systems! Er wird allerdings mit einem schwerwiegenden Nachteil erkauft. Bedenkt man, dass in Deutschland die Sparquote an die zehn Prozent beträgt, mithin zehn Prozent des verfügbaren Haushaltseinkommens an die Sparbanken gehen, so bedeutet dies andererseits, dass der Rest des Einkommens von an die 90% mehr oder weniger lange in den Schließfächern ruht. Anders gesagt, bis zu 90 Prozent des gesamten verfügbaren Haushaltseinkommens wären im monatlichen Wechsel von Einkommensbezug und Haushaltsausgaben vorübergehend in Schließfächern auf Eis gelegt.

Genauso verhält es sich in ökonomisch unterentwickelten Staaten

So wurde etwa in Indien das Familienvermögen von den Frauen in Form von goldenen Fuß- und Armringen am Körper getragen oder es verschwand in den Schatzkammern der Fürsten und Tempel. Die entscheidende Errungenschaft moderner Gesellschaften und ihres Bankensystems besteht gerade darin, ein Maximum von Geld beständig im Umlauf zu halten (mit Ausnahme natürlich der jederzeit für die zu erwartenden Abhebungen verfügbaren Barreserve). Aufbewahrtes Geld ist für die Wirtschaft tot. Nur der rollende Rubel lässt auch die Güter rollen und bringt die Wirtschaft zum Blühen!

Eine bessere Lösung

Hier besteht ein Dilemma, das meines Erachtens keine eindeutige und schon gar keine einfache Lösung zulässt. In meinem neuen Buch „Eurokalypse Now? Es gibt einen Weg aus der Krise!“ schlage ich dafür folgende Lösung vor:

„Dieses Übel lässt sich durch eine Unterscheidung verschiedener Güteklassen von Giralbanken beheben. Solchen, die ausschließlich als Schließfächer mit Überweisungsfunktion tätig sein dürfen, stehen andere gegenüber, die sehr wohl auch Kredite vergeben. Nur die ersten garantieren die Einlagen zu hundert Prozent, erheben aber entsprechende Aufbewahrungs- und Servicegebühren. Die zweiten dagegen dürfen dem Publikum gegenüber keine Einlagengarantie abgeben, und im Konkursfall ist jede Hilfe von Seiten der Allgemeinheit vertragsgemäß ausgeschlossen. Bei Giralbanken minderer Bonität muss der Bürger also von vornherein mit einem Risiko rechnen, das im Extrem bis zu einem Totalverlust reichen kann. Im Gegenzug entfallen die Kontogebühren, im besten Fall wird er sogar mit Zinsen belohnt, weil die Bank eben statistisch davon ausgehen kann, dass im Normalfall immer nur ein Bruchteil der eingelegten Gelder tatsächlich für den Abruf bereitstehen muss. Die Existenz von Giralbanken minderer Bonität setzt die Gefahr deflationärer Tendenzen auf ein Minimum herab.“

Ein Giralbankensystem gemäß diesem Vorschlag ist gegen einen Run nicht zu hundert Prozent gefeit wie die Fishersche Alternative, dafür umgeht es die lähmende Wirkung deflationärer Tendenzen. (7)

3) Kriminelle Geldschöpfung – die Kernidee Fishers und der Monetative

Reserve ist ein sinnvolles Konzept im Hinblick auf das von den Bankern als völlig normal bezeichnete Verfahren, jenen Anteil der Tageseinlagen zurückzulegen, mit dessen Abhebung sie täglich rechnen müssen. Im obigen Beispiel nahmen wir mit Irving Fisher an, dass dieser Teil 10% der gesamten jederzeit abrufbaren Einlagen ausmacht. Nicht anders ist es mit Reserven im Sparbereich. Auch sie sollen die Gläubiger vor Ausfällen schützen. Die Bank muss damit rechnen, dass ein Teil ihrer Kredite sich als uneinbringlich erweist. Sollte dies etwa auf 10% zutreffen, so dient ihr eine Reserve von 10% als Puffer. Bei Tageseinlagen muss sie natürlich mit beidem gleichzeitig rechnen: einerseits mit der Möglichkeit, dass von den 90% (um im obigen Beispiel zu bleiben), die sie als Kredite vergeben hat, ein paar Prozente sich als uneinbringlich erweisen, und andererseits mit den täglichen Abhebungen dieser Einlagen, für die sie ebenfalls das nötige Bargeld bereithalten muss. Giralgeldkunden ebenso wie Sparer sind Gläubiger der Bank. Die Reserven werden zu ihrem Schutz gehalten.

So sehen es die Banker in Tausenden von Geschäftsbanken in Deutschland und anderen Ländern mit einem halbwegs seriösen Bankensystem. Und so handeln sie auch nach eigener Überzeugung. Glaubt man hingegen Irving Fisher und seiner Gefolgschaft, so verhält es sich in Wahrheit ganz anders. Zu dieser Auffassung werden sie, wie schon gesagt, von dem oben genannten Beispiel der mittelalterlichen Goldschmiede inspiriert. (S. 20, 28, analog die Aussagen auf S. 30, 34, 101) In ihrer Funktion als Giralbank verzichte die Geschäftsbank nämlich bewusst auf den Gewinn, den ihr die Verleihung von 9/10 der täglich im Schnitt unabgerufenen Tageseinlagen einbringen würde. Stattdessen hält sie sämtliche eingezahlten Tageseinlagen zurück. Diese Gesamtheit dient ihr nun aber als Grundlage, um das Zehnfache dieser Summe an Pseudogeld in Gestalt bloßer Ziffern zu erzeugen und als Kredit zu verleihen. Mit anderen Worten, sie verhält sich so wie die Goldschmiede jener Zeit, die auf der Grundlage von zehn Prozent wirklich vorhandenem Gold 90% Prozent an Falschgeld kreierten.

Der Begriff der Mindestreserve wird dabei verdreht

Dabei begehen die Theoretiker des 100%-Money einen auffallenden logischen Fehler. Sie höhlen nämlich den Begriff der Reserve aus, der in ihrem System schlechterdings sinnlos wird. Das im tatsächlichen Vorgehen der Banken in bar zurückgehaltene Zehntel der gesamten Einlagen war eine wirkliche Reserve zum Schutz der Giralgeldkunden (also der Gläubiger), wenn die Bank jedoch, wie von Irving Fisher behauptet, die Gesamtheit der Tageseinlagen in bar zurückhält, dann ist das keine Reserve, sondern ein vollständiger Schutz der Gläubiger, die ihre Einlagen ja in jedem beliebigen Zeitpunkt zu 100% wieder abheben können. Um das auf dieser Grundlage geschaffene Pseudogeld, das die Bank als Ziffern an Kreditnehmer verleiht, braucht sie überhaupt nicht zu kümmern. (8)

Die falsche Parallele zu den florentinischen Goldschmieden

Hier wird deutlich, wie sehr die Parallele zum Beispiel der Goldschmiede Fisher und seine Anhänger in die Irre führt. (9) Die Goldschmiede haben die Zertifikate tatsächlich verzehnfacht, ohne dass man den Scheinen ansieht, ob sie zu dem durch Gold gedeckten Zehntel oder zu den neun Zehnteln Falschgeld gehören. Wenn alle Zertifikatbesitzer plötzlich Gold im Tausch gegen die Scheine verlangen würden, gingen die Goldschmiede Bankrott, weil sie tatsächlich nur ein Zehntel davon in ihren Kellern lagern.

Anders verhält es sich bei den Geschäftsbanken. Fisher und seine Anhänger betonen ja immer wieder, dass alles geschöpfte Buchgeld ganz ohne Deckung auskomme, da es das reine Nichts repräsentiere. Wozu also diese angebliche „Reserve“ der gesamten in bar eingezahlten und bar aufbewahrten Tagesgelder? Eine Antwort auf diese Frage sucht man in der 100%-Money-Gemeinde vergeblich.

Die Mindestreserve wird zur Groteske

Die Bezeichnung der gesamten Giroeinlagen als Reserve ist ein logischer Unfug. Geradezu grotesk wird es aber, wenn dann auch noch behauptet wird, die Geschäftsbank würde sich aufgrund eines von der Bankenaufsicht vorgeschriebenen Mindestreservensatzes eine Grenze bei der Schöpfung von Buchgeld auferlegen. In unserem Beispiel also die Verpflichtung eingehen, nur das Zehnfache an fiktivem Geld als Kredit zu vergeben. Das würde bedeuten, dass sich die Geschäftsbank bei ihren kriminellen Tätigkeiten bewusst der staatlichen Aufsicht unterstellt!

Eine natürliche Grenze für Falschgeldschöpfung kann es nicht geben

Die Idee, dass eine kriminell tätige Branche die Regeln ihres verbrecherischen Tuns von einer Aufsicht beglaubigen und kontrollieren lässt, darf man wohl als fantastisch bezeichnen. Wenn dies aber so ist, dann muss man sich eingestehen, dass es für eine Geschäftsbank überhaupt keine Begrenzung für die vermeintliche Schöpfung von Buchgeld gäbe, jedenfalls keine, bei der sie das Eingreifen einer Aufsicht zu fürchten hätte. Diese Ansicht vertrat John Maynard Keynes in seinem Buch „Vom Gelde“. Erst in der „General Theory“ besann er sich eines Besseren und verwarf die Theorie der Buchgeldschöpfung überhaupt als das, was sie in Wahrheit ist, nämlich eine Gedankenverirrung. (10)

Und warum wird das Pseudogeld nicht ebenso in der Sparbank geschöpft?

An diesem Punkt sind wir freilich der Absurdität der Fisherschen Verschwörungslehre noch nicht bis auf den Grund gegangen. Denn es sollte eigentlich offensichtlich sein, dass eine verbrecherische Geschäftsbank in ihrer Funktion als Sparbank ganz genauso fiktives Geld schöpfen und dann als Kredit verleihen könnte wie in ihrer Funktion als Giralbank. Und sie könnte auch auf dieselbe Weise verfahren, indem sie in diesem Fall eben sämtliche Spareinlagen in bar zurückhält und diese als „Reserve“ betrachtet. Schreibt die Bankenaufsicht also eine Mindestreserve von einem Zehntel für alle Spareinlagen vor, so würde sie in ihrem kriminellen Bemühen (wenn auch aus einem ganz und gar unerfindlichen Grund) die Mindestreservenregel befolgen und maximal das Zehnfache an fiktivem Kreditgeld schöpfen.

Wie schon weiter oben bemerkt, war Fisher im Hinblick auf Sparbanken inkonsequent. Faktenkenntnis und gesunder Menschenverstand hinderten ihn daran, seine Geldschöpfung ex nihilo auch hier anzuwenden. Diese Zurückhaltung trifft jedoch nicht auf seine Nachfolger zu. Weder Vernunft noch empirische Evidenz vermag diese davon abzuhalten, ganz in die Absurdität abzugleiten, wenn sie sich zu der Behauptung versteigen, dass nahezu sämtliche Kredite Schöpfungen ex nihilo seien und Ersparnisse dabei keine Rolle spielen. (11)

Man rechne sich einmal aus, was das für Deutschland bedeuten würde! Die gesamten Spareinlagen belaufen sich hier auf etwa 5 Billionen Euro. Tief in die Kriminalität abgeglitten, wie die deutschen Geschäftsbanken angeblich sind, könnten sie aus diesen 5 Billionen ganze 10×5 oder 50 Billionen Pseudogeld mitsamt den ihnen entsprechenden Krediten zaubern. Warum haben sie das nicht längst schon getan?

Der Übergang vom alten zum neuen System ist praktisch unmöglich

Weil der Begriff der Reserve im neuen System seinen Sinn verliert und es überhaupt eine fantastische Annahme ist, dass eine kriminell tätige Bank sich an amtliche Vorschriften hält, ist nicht einzusehen, wie der Umfang des vermeintlich geschöpften Pseudogelds überhaupt ermittelt oder auch nur abgeschätzt werden kann. Damit gerät dann aber auch der Übergang vom alten Bankensystem zum neuen 100%-Money-System ins Wanken. Fisher zufolge, soll er in der Weise erfolgen, dass die Währungskommission Staats- und andere Wertpapiere so lange bei den Geschäftsbanken aufkauft, bis die Gesamtsumme alles von den letzteren frei geschaffenen Pseudogelds damit abgedeckt ist – womit dann auch seine hundertprozentige Deckung erreicht ist (und damit aus Falschgeld, das nur in Ziffern besteht, wirkliches, jederzeit verfügbares Bargeld wird). Daher der Name 100% Money.

Ein höchst riskantes Unternehmen! Sollte nämlich das von den Verschwörern aus dem Nichts geschöpfte Pseudogeld nur in der Fantasie von Irving Fisher und seinen Adepten bestehen, würde man auf diese Weise das ganze Bankensystem hoffnungslos aus dem Gleichgewicht bringen. Wenn aber die Geschäftsbanken solches Fiktivgeld wirklich schöpfen, dann ist die Situation kaum besser. Da es jedenfalls eine absurde Annahme ist, dass kriminell agierende Banken sich einem amtlich verordneten Mindestreservenzwang unterwerfen, ist ihrer Pseudogeldschöpfung de facto keine Grenze gesetzt. Das Währungsamt wäre daher gezwungen, unbegrenzt und ohne Ende Schuldtitel aufzukaufen! Und wann und wie will es überhaupt wissen, ob das Limit der vollen Deckung des Buchgelds erreicht ist?

4) Die Fakten. Wie gehen Geschäftsbanken tatsächlich vor?

Irving Fisher schrieb unter dem Eindruck des größten Wirtschaftskollapses, den die Eigentumsgesellschaft bis dahin erlitten hatte. Er nennt die folgenden Zahlen.

1926 belief sich das Privatvermögen der Amerikaner auf ca. 26 Mrd. Dollar, davon 4 Mrd. umlaufendes Bargeld und 22 Mrd. an Scheckbuchgeld, d.h. an Guthabentiteln bei den Privatbanken. (Zwischen 1926 bis `29 stieg diese Summe auf 27 Mrd., weil sich das Scheckbuchgeld um eine 1 Mrd. erhöhte).

Die 22 Mrd. Scheckbuchgeld setzten sich bei den Banken aus 19 Mrd. Guthaben plus Staats- und Unternehmensanleihen zusammen plus 3 Mrd. Bargeld zu deren Deckung.

Zwischen 1929 und `33 schrumpfte das Scheckbuchgeld von 23 auf 15 Mrd. Zusammen mit 5 Mrd. umlaufendem Bargeld ergab das 1933 nur noch eine Summe von insgesamt 20 Mrd. Privatvermögen statt der 27 Mrd. im Jahre 1929. Der Anstieg der Summe von 26 auf 27 Mrd. Dollar zwischen 1926 und `29 wird von Fisher als Inflation verstanden – herbeigeführt durch die freie Schöpfung von Pseudogeld. Der Absturz von 27 auf 20 Mrd. zwischen 1929 und `33 sieht er als eine von den Geschäftsbanken herbeigeführte Deflation. Das willkürlich geschaffene Falschgeld sei in dieser Zeit in großem Maßstab vernichtet worden.

Eine Deutung, die nicht überzeugt

Für Fisher besteht der Auslöser der Deflation in der Schrumpfung des Scheckbuchgeldes von 23 auf 15 Mrd. Dollar (Fisher, S. 12). Aber das ist eine sehr eigenwillige Sicht der Dinge. Es liegt viel näher mit Marriner Eccles, dem hellsichtigen Notenbankchef unter Franklin D. Roosevelt, die Vorgänge in der Geldwirtschaft als Begleiterscheinung der Vorgänge in der Realwirtschaft zu sehen. „Bis 1929 und ’30 [also bis zum Beginn der Wirtschaftskrise] hatte eine gewaltige Saugpumpe einen zunehmenden Anteil des erzeugten Reichtums in wenige Hände umgeleitet… und so die Kaufkraft aus den Händen der Mehrheit genommen…“

Fisher ist als Fachmann für Geld so sehr auf das Geld fixiert, dass er in ihm den Ursprung eines Kollapses lokalisiert, der in Wahrheit sozial-ökonomische Ursachen hatte.

Die wirklichen Ursachen liegen nicht im Geld, sondern in der Realwirtschaft

Der Absturz von 23 auf 15 Mrd. Dollar bei den Guthaben der Amerikaner lässt auch ganz andere Deutung zu. Zweifelsfrei fest stehen dagegen die statistischen Befunde der Bundesbank zwischen dem Beginn der Nachkriegszeit und dem Ende des zwanzigsten Jahrhunderts. Während dieser fünfzig Jahre hat die jährliche Summe der von den Geschäftsbanken ausgereichten Kredite kein einziges Mal die der Spareinlagen überschritten. Im Gegenteil, sie lagen immer etwas hinter diesen zurück, da die Banken für das ihnen anvertraute Geld der Sparer nicht im selben Augenblick auch Kreditnehmer fanden. Hier lässt sich schlicht und einfach kein empirisch nachweisbarer Platz für Kreditvergaben aufgrund von fiktiver Geldschöpfung durch kommerzielle Banken finden. (12)

Keine einzige Bank wurde angezeigt!

Daher braucht es uns nicht zu wundern, dass die deutsche Staatsanwaltschaft es während eines halben Jahrhunderts nicht für nötig befand, die Unterlagen einer Geschäftsbank beschlagnahmen zu lassen, um kriminelle Geldschöpfung gemäß der Fisherschen Theorie nachzuweisen. Schon gar nichts war davon zu hören, dass eine Kommerzbank angezeigt wurde, weil sie sich bei der verbotenen Schöpfung von Falschgeld nicht an die vorgeschriebene Mindestreserve an Bargeld gehalten hätte. Im übrigen muss man es wohl auch als höchst erstaunlich bewerten, dass während all dieser Jahrzehnte noch nie ein Geschäftsbanker aus seiner vermeintlichen Schmuddelküche geplaudert und einen Bestseller mit dem Titel „Wir sind alle Verbrecher?“ geschrieben hat. Selbst Diktaturen bringen doch immer Tollkühne hervor, Leute, die selbst noch unter Lebensgefahr über Verfehlungen berichten!

Faktenresistenz

Die Antwort auf diese irritierenden Fragen finden halbwegs vernünftig denkende Menschen sofort – Verschwörungstheoretiker finden sie nie. Wer an finstere Mächte glaubt, lebt in einer eigenen – einer von ihm selbst geschaffenen – Welt, wo die Fakten ihn nicht länger erreichen. Deswegen ist ja auch bis heute keiner von ihnen auf die nahe liegende Idee gekommen, bei der Staatsanwalt einen Antrag auf Überprüfung der Bilanzunterlagen in einer dieser landesweit bis in die Dörfer verbreiteten kriminellen Anstalten zu stellen. Ich vermute, die Falschgeldapostel wollen das gar nicht – die Überprüfung der Fakten könnte ja ihr Weltbild erschüttern und sie als Spinner und Fantasten entlarven. Prof. Bernd Senf, geistiges Oberhaupt dieser Bewegung, erwähnt zwar beiläufig den Gleichstand von Ersparnissen und Krediten, wie er aus den Statistiken der Bundesbank unzweideutig hervorgeht, aber nur, um diesen Nachweis mit einem Achselzucken als unerheblich vom Tisch zu wischen.

5) Wozu sind Geschäftsbanken theoretisch imstande?

Wenn wir uns vorstellen, dass es in einem kleinen Staat von der Größe der Malediven nur eine einzige Notenbank gäbe und dazu eine einzige Geschäftsbank, dann müsste die letztere jeden Kredit in Bargeld auszahlen. Kriminelle Buchgeldschöpfung wäre in diesem Fall sinnlos. Nun nehmen wir an, dass es zwei Geschäftsbanken gibt – ob zwei oder tausend bleibt für unsere Demonstration ohne Belang. In diesem Fall könnte zwar keine der beiden Banken ihre Kunden direkt mit bloßen Ziffern, also Buch- statt Bargeld, abfinden, aber sie könnte das von ihr willkürlich geschaffene Buchgeld auf das Konto der jeweils anderen Bank überweisen.

Überweisungen zwischen Banken geschehen tagtäglich, und es werden dabei tatsächlich nur Ziffern übermittelt. Am Ende des Tages wird der Saldo der vielfältigen Flüsse in beiden Richtungen allerdings abschließend ermittelt. Beläuft dieser sich insgesamt auf Null, dann geschieht gar nichts. Wenn Bank A hingegen einen Überschuss und Bank B einen Fehlbetrag aufweist, dann wird das Notenbankkonto der beiden Banken entsprechend verändert – und hier wird in Notenbankgeld abgerechnet! Derselbe Vorgang gilt für den Tagesverkehr von tausend Geschäftsbanken untereinander. Würde Bank A also 10.000 Euro an fiktivem Geld schöpfen und es auf eines der Konten von Bank B überweisen, dann muss am Ende der Saldo ihrer Notenbankgelder bei der Zentralbank entsprechend verändert werden – und die Bank hätte einen realen Verlust von 10.000 Euro an echtem Geld. Wie sollte es auch anders sein? Wäre dies nicht so, könnte sich jede Bank auf Kosten ihrer Konkurrenten nach Belieben bereichern!

Die Notenbank müsste der kriminelle Dritte sein

Theoretisch wäre es freilich möglich, dass Geschäftsbanken dem ersten Verbrechen der Falschgelderzeugung gleich noch ein zweites nachschicken, indem sie sich zu illegalen Kartellen zusammenschließen. Zum Beispiel würden Bank A und Bank B eine Abmachung der Art miteinander treffen, dass beide jeweils einen identischen Betrag von 100.000 Euro pro Monat als Pseudogeld kreieren. (13) Allerdings benötigen sie dann auch 200.000 Euro in bar pro Monat, denn ihre Kreditempfänger akzeptieren nun einmal keine aus dem Nichts gezauberten Zahlen, sondern ausschließlich bares Notenbankgeld. Die Notenbank müsste sich also als Dritter im Bunde diesem verbrecherischen Kartell anschließen. Sie müsste Monat um Monat – unabhängig von ihrer erklärten Aufgabe, Geld nur im Gleichklang mit dem Zuwachs der Wirtschaftsleistung gegen erstklassige Wertpapiere bereitzustellen -, den Geschäftsbanken zusätzlich noch eine Summe an Notenbankgeld überlassen, die exakt dem Volumen ihrer aus dem Nichts erfolgenden Falschgelderzeugung entspricht! Man stelle sich vor, welche Summen da zusammenkommen, wenn man an die Zehntausende von Geschäftsbanken in Deutschland denkt!

Konnte ein derartiges Kartell bisher beobachtet werden? Wohl nicht. Die Fakten widerlegen ein solches Vorgehen der Bundesbank. Zwischen Ende des zweiten Weltkriegs und dem Beginn des neuen Jahrhunderts belief sich die Gesamtsumme des Notenbankgelds nahezu konstant auf 10% des BIP. Dennoch ist natürlich kein System gegen die Übertretung oder den Missbrauch seiner eigenen Regeln gefeit. (14)

6) Konklusion

Irving Fisher hat eine Verschwörungstheorie in die Welt gesetzt, die wie die meisten Geistesprodukte ähnlicher Art in abgeschiedenen Studierzimmern entstehen, aber wenig Berührung mit der Wirklichkeit aufweisen. Wie man weiß, besaß Fisher ein auffallend geringes Gespür für die ökonomische Wirklichkeit. Noch wenige Tage vor dem Börsencrash am Schwarzen Freitag vom 25. Oktober 1929 hatte er der US-amerikanischen Wirtschaft noch bestes Wohlergehen bescheinigt. Dieser grelle Irrtum kostete ihn nicht nur ein keinesfalls unerhebliches Vermögen, er vernichtete auch sein Renommee als Ökonom. Vielleicht machte ihn diese persönliche Niederlage besonders anfällig für die Suche nach ominösen kriminellen Kräften. Was seine Gefolgsleute hierzulande betrifft, so erwecken sie nicht unbedingt größeres Vertrauen. (15)

Ablenkung von den wirklichen Ursachen

Ich sehe in Fishers Verschwörungstheorie und Verheißungen den missglückten Versuch, die wirklichen Ursachen klein zu reden und die damalige und die noch zu erwartenden Krisen zu einem technischen Problem umzudeuten, das sich mit einer Glücksformel bequem beseitigen lässt. Eine grundlegend falsche soziale Entwicklung hat damals die Große Depression verursacht und steht ebenso am Anfang der heutigen Krise – nicht die Machenschaften einzelner Banker, auch wenn der Verlust an Gemeinsinn sich selbstverständlich darin bekundet, dass kriminelles Verhalten allgemein sehr viel häufiger wird. Über die Konzentration von ökonomischer und politischer Macht als dem eigentlichen Übel wird jedoch ungern geredet – zu leicht gerät man dabei in den Verdacht des Umstürzlertums oder gar kommunistischer Neigungen. (16)

1 Die sogenannte „Multiple Kreditgeldschöpfung“ behandle ich ausführlich in: Eurokalypse Now? Es gibt einen Weg aus der Krise. Metropolis 2012; S. 262. Ich halte sie für logisch unanfechtbar, entgegen einer weit verbreiteten Meinung aber für praktisch irrelevant. Auch die Buchgeldschöpfung nach Fisher wird „Wohlstand und Armut“ behandelt, allerdings mit einem historischen Fehler. Ich glaubte damals, Prof. Bernd Senf hätte diese Art der Geldschöpfung erfunden. In Wahrheit geht sie in allen wesentlichen Punkten auf Henry Simons und Irving Fisher zurück.

2 Wie schon in „Wohlstand und Armut“ ausgeführt, ist das Beispiel der Goldschmiede ganz unbrauchbar, um eine bei Geschäftsbanken eine Geldschöpfung aus dem Nichts zu erklären. Dagegen erläutert es auf exakte Weise das Vorgehen einer Notenbank. Solange diese Zentralbankgeld gegen erstklassige Wertpapiere (also gegen volkswirtschaftliche Leistung) ausgibt, handelt sie wie ehrliche Goldschmiede, die Zertifikate nur gegen eine entsprechende Menge von Gold in Umlauf bringen. Sobald eine Notenbank Geld gegen schlechte Wertpapiere ausgibt oder überhaupt ohne jeden volkswirtschaftlichen Gegenwert druckt, handelt sie in exakter Parallele zu den betrügerischen Goldschmieden. Sie bringt „Willkürgeld“ auf den Markt.

3 Jaromir Benes und Michael Kumhof, The Chicago Plan Revisited.

4 Siehe Artikel in der Zeit; im Standard; in Der Spiegel; in Süddeutscher Zeitung; im Handelsblatt.

6 Silvio Gesell, Die natürliche Wirtschaftsordnung. 4.1.5; 4.3.

7 Aufgrund dieser lähmenden Tendenzen konnte sich auch Keynes nicht mit der Idee des 100% Money anfreunden. Zit. bei Helge Peukert, Die große Finanzmarkt- und Staatsschuldenkrise. 4. Auflage. S. 334.

8 Fisher zieht nicht nur das Beispiel mittelalterlicher Goldschmiede heran (S. 20, 28), sondern versucht dies dann auch noch mit weiteren Beispielen exzessiver Kreditvergabe zu erhärten (S. 30, 34, 101).

9 Es taucht auch bei Bernd Senf wieder auf (Der Tanz um den Gewinn. Verlag für Sozialökonomie, 2005; S. 77, 91)

10 Vgl. Wohlstand und Armut. S. 156.

11 So Ellen Hodgson Brown: „Dollar deception: how banks secretly create money“, 3. July 2007. Ihre Thesen, mit denen sie sich auf ihr Buch „Web of Debt“ bezieht, wurden von Hörmann and Pregetter in “Das Ende des Geldes” ohne Angabe der Quelle zum Teil wortwörtlich abgeschrieben.

12 Hierzu vgl. „Die Causa Hörmann-Pregetter.

13 Diese Möglichkeit hatte wohl Keynes im Auge als er seinem Buch „Vom Gelde“ von einem Gleichschritt der Kommerzbanken bei der Falschgelderzeugung sprach. Siehe „Wohlstand und Armut“ zu diesem Thema.

14 Das ist z.B. dadurch geschehen, dass deutsche Geschäftsbanken im Verkehr miteinander Guthaben und Schulden in großem Ausmaß (etwa 2 Billionen Euro) akkumulierten. Eine funktionierende Bankenaufsicht hätte eine solche Entwicklung verhindern müssen, da diese in einer Zeit der Krise, wenn die Banken ihre Außenstände plötzlich von den anderen einfordern, zum Kollaps des Systems führen kann. Sie wäre im übrigen recht leicht zu verhindern, wenn man die drei funktional unterschiedenen Bereiche des Geschäftsbankensystems auch de facto, also institutionell, trennen würde, nämlich in Wertpapier-, Spar- und Giralbanken. Dann müsste man auch deren Größe (too big to fail) nicht länger fürchten.

15 Die beiden österreichischen Professoren Hörmann und Pregetter haben sich nicht nur nach Guttenbergscher Manier freizügig an den Ideen anderer bedient, in ihrem Buch „Das Ende des Geldes“ bringen sie noch dazu die Meisterleistung zustande, das Offensichtliche zu leugnen, nämlich die Verleihung von Spargeldern an Kreditnehmer. Für diesen Unsinn darf man Irving Fisher nicht verantwortlich machen. Prof. Bernd Senf, der Schöpfer des Begriffes der Monetative, hat einige gute Wirtschaftsbücher geschrieben, da er aber außerdem noch mit der Esoterik kokettiert, um nicht zu sagen, mit dieser verheiratet ist, neigt er dazu, seinen Verstand im Zweifelsfall gegen die übersinnliche Inspiration einzutauschen (vgl. „Sinn und Unsinn einer Reform des Geldsystems“.

16 Ich möchte es hier nochmals betonen: Für die Analysen von Marx hege ich die größte Hochachtung, vor seiner Therapie einen Horror, der aus der Kenntnis ihrer konkreten Erscheinungsformen in den Staates des real existierenden Sozialismus genährt wird. Es geht darum, die freie Eigentumsgesellschaft zu zähmen, nicht darum, sie zu lähmen oder ganz abzuschaffen. Denn dann tritt gewöhnlich eine Diktatur an ihre Stelle: die eines linken Politbüros oder einer rechten Gewaltherrschaft.