Zweifel und Dogma: Inhalt + Zusammenfassung

Inhalt – Zusammenfassung

Einleitung: Traum und Vernunft…11

Der Traum als Zwilling, der Irrationalismus als Gegner der Vernunft…12

Wenn Fische träumen…15

Die maßlose Vermessung der Welt…19

Teil I: Die drei großen Träume der vergangenen tausend Jahre…24

Das Mittelalter: der metaphysische Traum…24

Die Renaissance: ein Traum von Schönheit…35

Die industrielle Revolution: der Traum von gottgleicher Macht über die Dinge…48

Zusammenfassung Teil I

Teil II: Der neuzeitliche Kampf gegen Freiheit und Traum…63

Das wissenschaftliche Weltbild ein Traum?…66

Der faule Kompromiss des Descartes…73

Holbach nimmt kein Blatt vor den Mund…77

Die Attacke des Benjamin Libet…80

Libets Ergebnisse noch bedeutsamer als die Kausalität in der Natur…82

Karl Marx – im alten Weltbild gefangen…86

Eine Arbeitshypothese erhält den Rang eines Dogmas…92

Zusammenfassung Teil II

Teil III: Aufstand gegen das Dogma – Ketzer und Widerständler…99

David Hume…99

Deutsche Romantik: Freiheitsverklärung als Lebensgefühl…101

Jean-Jacques Rousseau…102

Die deutsche Romantik…105

Ein frischer Quell…107

Konstruierende Idealisten…109

Leibniz erbaut die Welten-Uhr…109

Kant erfindet das Ding-an-sich…111

Fichtes absolute, aberwitzige Freiheit…116

Hegel macht es vielen Recht, nur nicht dem klaren Denken…121

Popper, Schrödinger, Jaspers…126

Paul Watzlawick oder die Rückkehr der Idealisten…128

Vorsichtige Philosophen, umsichtige Wissenschaftler…132

Werner Heisenberg und die Quantenphysik…132

Als wäre nichts gewesen: 200 Jahre ohnmächtiger Protest…137

Rückkehr zum Orakel und Abschied von der Vernunft…140

Martin Heidegger als Prophet…141

Der Existenzialismus…144

Franz Kafka und Albert Camus…146

Zusammenfassung Teil III

Teil IV: Vier Beweise für die Freiheit von Mensch und Natur …151

Der Irrtum des Neurologen…152

Das radikal Neue (in) der Evolution…155

  1. Freiheitsbeweis: evolutionistisch für die Natur…159

Die Schichtenlehre…161

  1. Freiheitsbeweis: logisch-postulativ für den Menschen…168
  2. Freiheitsbeweis: logisch-postulativ für die Natur…169

Ein Kegel von Licht mitten im Dunkel…170

Die Fiktion einer durchgehenden Kausalität…172

Notwendigkeit und Freiheit gehören zusammen: Warum es keine Weltformel geben kann…174

Kein experimenteller Beweis für oder gegen die Freiheit…176

  1. Freiheitsbeweis: kontradiktorisch……………………….177

Undenkbare und undefinierbare Freiheit………….180

Zusammenfassung Teil IV

Teil V: Das Motiv hinter der Leugnung der Freiheit …183

Die Innensicht auf die Freiheit…184

Zusammenfassung Teil V

Teil VI: Gehirn und Bewusstsein …185

Zusammenfassung Teil VI

Teil VII: Vom Kausalgesetz wird die Welt beherrscht? Warum nicht vom Traum (Willen)?  …193

Die moralische und die mechanische Welt…193

Der Weg der Mitte: Ausbruch aus dem Gefängnis…207

Für eine Neudefinition des Wunders…214

Zusammenfassung Teil VII

Teil VIII: Kreative (freie) und nachbildende Erkenntnis …216

Das doppelte Fundament menschlichen Erkennens…217

Bacon und Descartes – schon die Pioniere waren blind auf einem Auge…219

Kultur und Zivilisation…222

Die Stufenleiter der kreativen Erkenntnis…224

Kunst und schöpferische Erkenntnis…226

Noch ein Blick auf Kultur und Zivilisation…236

Eine sixtinische Evolutionskapelle?..240

Wo Tatsachen enden und Traumwelten beginnen…244

Falsche Träume…247

Zusammenfassung Teil VIII

Literaturverzeichnis …251

Personenverzeichnis …261

 

Zusammenfassung

Teil I: Die drei großen Träume der vergangenen tausend Jahre

Das erste Kapitel soll dem Leser einen intuitiven Eindruck davon vermitteln, was Freiheit im Werden einer Gesellschaft bedeutet – denn nur im Werden, in der Veränderung, in der Selbstgestaltung kann sie sich manifestieren. Leicht ist der Bereich der Unfreiheit abzustecken. Ein Bauer in Indien und in Europa sah sich in der vorindustriellen Landwirtschaft ziemlich gleichen Naturzwängen ausgesetzt, die sein tägliches Handeln unmittelbar bestimmten. Aber diese äußere Bestimmung erstreckte sich nicht auf die Weltanschauung, wo Freiheit sichtbar in Erscheinung tritt. Der mentale Kosmos eines indischen und eines europäischen Bauern unterschieden sich fundamental. Und nicht nur das: obwohl sich die Lebensbedingungen zwischen frühem Mittelalter und Renaissance und den Frühstadien der Industrialisierung nicht wesentlich unterschieden – die von der Natur ausgehenden Zwänge also weitgehend unverändert blieben – gab es auch innerhalb Europas selbst tiefgreifende Veränderungen weltanschaulicher Art, die eben nicht aus materiellen Bedingungen erklärbar sind. Die These Max Webers liefert also auch hier eine wesentliche Korrektur zu Marx. Es gibt Bereiche menschlichen Handelns, wo das Sein das Bewusstsein bestimmt, es gibt andere, wo das Bewusstsein mentale Wirklichkeiten erzeugt, die durch das Sein nicht erklärbar sind. Mit unüberbietbarer Evidenz lässt sich das an der Genese der Industriellen Revolution beweisen: Als mentale Realität trat sie schon zweihundert Jahre vor ihrer materiellen Verwirklichung ins Leben.

Teil II: Der neuzeitliche Kampf gegen Freiheit und Traum

Die Welt als Maschine – ihre restlose Vermessung – war das Projekt der Neuzeit, für das der Franzose Laplace die eindrucksvollste Formel erfand. Eine vollkommene Intelligenz würde aus der Vergangenheit die gesamte Zukunft errechnen können. Unter dieser Voraussetzung musste Freiheit natürlich zur subjektiven Illusion verkommen. Interessant ist, dass im Abendland die Theologie, speziell Augustinus, den Weg geebnet hatte, um Freiheit aus der Welt zu verbannen. Gott musste die Zukunft kennen, sonst müsste man Abstriche von seiner Allwissenheit machen, also war die Zukunft vorherbestimmt. Wissenschaft und Philosophie griffen das Dogma auf, und zwar aus nahezu identischen Gründen. Wenn Wissenschaft imstande sein sollte, aufgrund einer immer vollkommeneren Kenntnis der Naturgesetze die Zukunft vollständig vorauszusehen und vorauszuberechnen, wenn sie also – theoretisch zumindest – für sich Allwissenheit beanspruchen wollte, dann würde die Anerkennung von Freiheit ihren Anspruch grundsätzlich schmälern. Das wollten die Dogmatiker nicht akzeptieren. So gab es auch hier – wie unter den Theologen – nur wenige Gegenstimmen. Das Dogma wurde deshalb auch in aller Schärfe in der Sprache der Physik für die ganze Natur formuliert (so von Laplace). In unserer Zeit hat Benjamin Libet es auf das menschliche Gehirn angewendet und dabei den scheinbaren Beweis erbracht, dass Freiheit mit den Fakten der Neurologie nicht zu vereinbaren sei.

Überraschend ist allerdings, dass die Leugnung der Freiheit im Abendland nicht jene an sich durchaus logische Konsequenz zeitigte, Denken und Handeln zu lähmen, da Mensch und Natur ja doch nur Marionetten an den Fäden automatisch agierender Gesetze seien. Paradoxerweise reagierte das Abendland auf eine Doktrin des Fatalismus mit einem historischen einmaligen Aktivismus – ein Widerspruch, der aber niemandem aufzufallen schien.

Teil III: Aufstand gegen das Dogma – Ketzer und Widerständler

Der deutsche Idealismus wurde nachträglich als reaktionär verketzert, was er auch war, wenn man seine Suche nach Reintegration der Freiheit so sehen will, welche dem Absolutheitsanspruch der Wissenschaft ja diametral widersprach, so sehen will. Kant hatte sich mit äußerster Vorsicht auf diesen Weg gewagt, Fichte fügte mit herrischem Diktat Freiheit wieder in die Wirklichkeit ein. Wenn die Beschäftigung mit der äußeren Natur in den Händen der Wissenschaftler die Welt zu einer Maschine werden ließ, dann musste man sich der inneren Natur des Menschen zuwenden, um Freiheit dort aufzuspüren. Gelungen ist dieser Versuch nicht wirklich, die Begeisterung, welche der Idealismus in vielen Köpfen nicht nur in Deutschland auszulösen vermochte, zeigt aber, wie groß das Bedürfnis war, aus der Maschinensicht auszubrechen. Einen wirklichen Durchbruch brachte erst die Entdeckung des Zufalls in der Quantenphysik. Allerdings zeigt sich der Zufall sozusagen als ein Abfallprodukt der Wissenschaft, ein Residuum der Unberechenbarkeit, das sie nur zähneknirschend akzeptierte. Der Existenzialismus redete erneut von der Freiheit, aber nur indem er sie dogmatisch für den Menschen voraussetzte, ohne sie zu begründen. Diese Begründung blieb er schon deshalb schuldig, weil es Freiheit nur im Menschen gegen sollte, die Natur ging die Existenzialisten nichts an. Das Universum wurde also gleichsam zweigeteilt: hier der freie, sich selbst nach eigenem Belieben verwirklichende Mensch, dort die Natur als Gesetzesmaschinerie.

Teil IV: Vier Beweise für die Freiheit von Mensch und Natur

In den vier Beweisen geht es darum, das deterministische Weltbild durch den Nachweis zu demontieren, dass es bei konsequenter Anwendung unaufhebbare Widersprüche zur Folge hätte. Zwar ist Freiheit empirisch nicht zu beweisen, ebenso wie ihr Gegenteil der reine Determinismus – beide stellen im Popperschen Sinn metaphysische Aussagen dar. Der Philosoph aber kann, indem er die Voraussetzungen der Empirie erhellt, durchaus den Beweis erbringen, dass Wissenschaft nicht einmal denkbar wäre, ohne die Freiheit schon immer als gegeben vorauszusetzen. Allerdings steht der Philosoph vor der Herausforderung, sich dem Problem der Freiheit ernsthaft zu stellen und eben nicht jenen faulen Kompromiss des sogenannten ‚soft determinism’ zu wählen, durch den man sich das Problem durch Abschalten eigenen Denkens über die Konsequenzen des Determinismus vom Halse schafft. Seine Aufgabe ist es zu zeigen, warum Freiheit existieren muss, wo sie zu finden ist und wie man den Nachweis für ihre Existenz erbringt.

Teil V: Das Motiv hinter der Leugnung der Freiheit

Wissenschaft sucht nach Gesetzen, d.h. sie erkundet die Welt im Hinblick auf ihre Berechenbarkeit. Sie erfüllt damit den elementaren Wunsch des Menschen nach Sicherheit. Je mehr und je besser sich Zukunft aus den Tatsachen der Vergangenheit berechnen und vorhersagen lässt, umso mehr Sicherheit verschafft sie. Die vollständige Berechenbarkeit der Welt ist somit eine Arbeitshypothese, die sich gar nicht umgehen lässt. Warum sollte der Wissenschaftler nach weiteren Gesetzen suchen, wenn er nicht vor der Voraussetzung ausgehen würde, dass er sie am Ende auch finden könnte?

Andererseits engt das Bestreben nach Sicherheit das ebenso elementare Bedürfnis nach Selbstentwurf und Selbstentwicklung ein, das eine offene, undeterminierte Zukunft verlangt. Ich kann nur eine andere und bessere Welt erschaffen, wenn und insoweit die Zukunft nicht durch die Vergangenheit vorherbestimmt ist. Die beiden Bedürfnisse – das Bedürfnis nach Sicherheit und das Bedürfnis nach Gestaltung der Zukunft – widersprechen einander, seit es den Menschen gibt. Jede philosophische oder wissenschaftliche Theorie, die eines der beiden zum allein gültigen Dogma erhebt, schnürt die Wirklichkeit dadurch ebenso ein wie den Menschen.

Teil VI: Gehirn und Bewusstsein

Die materielle Welt ist für den modernen Physiker, der die Welt des Kleinsten analysiert, auf faszinierende Art immateriell geworden – heute umreißen Grundbegriffe wie Energie und Information die Zustandsform der sichtbaren Welt. Anders gesagt, nähern sich Geist und Materie immer mehr an. Allerdings weiß die Neurologie, dass bei Bewusstseinsakten immer materielle Transformationen im Spiel sind, eben deshalb ist es der Neurologie ja auch auf erstaunliche Weise möglich, aus den letzteren auf erstere zu schließen.

Andererseits wird durch den Parallelismus materiell nachweisbarer physiologischer Vorgänge und ihrer immateriellen Entsprechungen im Bewusstsein durchaus nicht bewiesen, dass menschliches Denken ausschließlich determiniert, also gesetzhaft erklärbar, sei. Wir haben in Kapitel 4 gezeigt, dass die materiellen Vorgänge selbst sich nicht widerspruchsfrei so verstehen lassen. Die Frage, welche Materialisten und Idealisten bis heute entzweit, nämlich ob der Geist die Atome lenkt oder umgekehrt, lässt nur eine Antwort zu: Weder-Noch. Denn auf der vormanifesten Ebene fallen Geist und Materie im ‚vorbewussten Willen’ schlechthin zusammen.

Teil VII: Vom Kausalgesetz wird die Welt beherrscht? Warum nicht vom Traum (Willen)?

Wenn es stimmt, dass Wirklichkeit nicht widerspruchsfrei gedacht werden kann, ohne dass Notwendigkeit und Freiheit in ihr koexistieren, dann stehen dem Menschen zwei konkurrierende Weltbilder zur Verfügung, um sie – jeweils einseitig – gemäß der Freiheit oder gemäß von Notwendigkeit zu interpretieren. Vor dem siebzehnten Jahrhundert, d.h. vor dem Beginn der europäischen Neuzeit, herrschte überall auf der Welt das moralische Weltbild vor, wo Geister und Götter kraft ihrer Freiheit auf Dinge und Wesen wirken. Es war ein Weltbild, ausgerichtet an den Kategorien von Gut und Böse, wie der Mensch sie an seinem eigenen Wirken ablesen konnte. Im moralischen Weltbild wollte man von Gesetzen nichts wissen, denn sie hätten die Freiheit von Geistern, Göttern und Menschen eingeengt. Wunder als Möglichkeit sich souverän über scheinbare Notwendigkeit hinwegzusetzen, galten deshalb als selbstverständlich.

Mit dem siebzehnten Jahrhundert – aber als Denkmöglichkeit schon viel früher – kam die Maschinensicht der Wirklichkeit auf, welche Freiheit und Moral ebenso wie die Götter zur Illusion erklärte und das unpersönlich wirkende Gesetz zur einzigen Realität. Beide Weltbilder tun der Wirklichkeit Gewalt an: aufgrund ihrer Einseitigkeit. Sie sind Teilwahrheiten, die eben deswegen auch nur teilweise zu befriedigen vermögen.

Teil VIII: Kreative (freie) und nachbildende Erkenntnis

Das letzte Kapitel wirft ein neues Licht auf die Theorie der Erkenntnis, die aufgrund der Leugnung von Freiheit in der neuzeitlichen Tradition nur die nachbildende Erkenntnis erfasste, d.h. die menschliche Fähigkeit, die Regelmäßigkeiten der Natur im Vergangenen aufzuspüren und die Zukunft auf diese Art insoweit vorherzusehen als sich deren Gesetzmäßigkeiten in ihr wiederholen. Was dabei völlig unbeachtet blieb – und unbeachtet bleiben musste – war die kreative Erkenntnis, welche Zukunft gebiert und gestaltet, in Gestalt des Möglichen nämlich, das sich über dem gesetzlich Repetetiven erhebt und den Bereich der Freiheit in Mensch und Natur bezeichnet.

Über die Freiheit in der Natur können wir natürlich nur im Nachhinein etwas wissen, nämlich durch den Blick auf die ‚Fulgurationen’ des Neuen, deren Unableitbarkeit aus dem Vergangenen die Schichtenlehre auf überzeugende Art sichtbar machte, das Neue aber, das der Mensch selbst hervorbringt, ist diesem durch das tägliche Denken und alles darauf begründete Handeln bewusst. Durch unser Tun greifen wir, wie Friedrich Schiller sagte, beständig ein in den ‚Ring der Notwendigkeiten’. Die kreative Erkenntnis besteht in der Beschwörung des Möglichen, durch das wir – und zwar jeder einzelne Mensch – eine Kraft der Evolution sind, in wie bescheidenem Maße auch immer. Wie sehr die Menschheit insgesamt zu einer solchen Kraft geworden ist, beweist ihre neuere Geschichte. Kraft ihrer Freiheit hat sie es in der Hand, den Planeten in eine Hölle oder in ein Paradies zu verwandeln.